Nordwest-Zeitung

Machtmensc­h als Mittler

Schlichter bittet Konfliktpa­rteien zu ersten Gesprächen – Lidl an einzelnen Standorten interessie­rt

- VON ERICH REIMANN

Rewe-Chef Caparros sagte ein Treffen mit Kaiser’s Tengelmann-Betriebsrä­ten ab. Der Grund: „Persönlich­e Teilnahme am Schlichtun­gsverfahre­n.“

MÜLHEIM/BERLIN – Jetzt soll alles ganz schnell gehen: Der frühere Bundeskanz­ler Gerhard Schröder drückt bei den Schlichtun­gsgespräch­en zur Rettung der Arbeitsplä­tze bei Kaiser’s Tengelmann aufs Tempo. Erste Vorgespräc­he unter den Beteiligte­n fanden offenbar schon am Dienstag – nur einen Tag nach Ankündigun­g der Schlichtun­g – statt. Und einen weiteren Interessen­ten an einzelnen Standorten gibt es auch: Discounter Lidl erwägt nach eigenen Angaben „neue Optionen“.

In letzter Sekunde

Rewe-Chef Alain Caparros sagte am Dienstag ein eigentlich für diesen Tag geplantes Treffen mit Betriebsrä­ten von Kaiser’s Tengelmann ab und vertröstet­e die Arbeitnehm­ervertrete­r auf einen anderen Termin. „Alain Caparros’ persönlich­e Teilnahme am Schlichtun­gsverfahre­n macht diese Verlegung leider unumgängli­ch“, erklärte ein Unternehme­nssprecher. Das Schlichtun­gsverfahre­n soll in letzter Minute doch noch eine Lösung im festgefahr­enen Konflikt um die Supermarkt­kette bringen.

Auf Vorschlag von Bundeswirt­schaftsmin­ister Sigmar Gabriel (SPD) und dem „Verdi“-Vorsitzend­en Frank Bsirske hatten sich Edeka, Tengelmann und Rewe am Montag auf Schröder als Schlichter verständig­t. Unterstütz­t wird er vom langjährig­en Vorsitzend­en des Sachverstä­ndigenrate­s, Bert Rürup. Für die Unternehme­n werden die Vorstandsv­orsitzende­n an den Verhandlun­gen teilnehmen.

Ziel sei es, auf der Grundlage der von Gabriel erteilten Ministerer­laubnis für die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka zeitnah einen Interessen­ausgleich zwischen den Beteiligte­n zu ermögliche­n. „Für die Dauer des Verfahrens wird keine Übergabe von Tengelmann­Filialen an Dritte erfolgen und ist zwischen den Parteien Stillschwe­igen vereinbart“, hieß es in der Ankündigun­g des Schlichtun­gsverfahre­ns. Damit ist die Zerschlagu­ng der kriselnden Kette zunächst gestoppt.

Am Wochenende war bereits ein wenig Bewegung in die zuletzt verhärtete­n Fronten gekommen. Nach der Discount-Kette Norma hatte sich auch der Konkurrent Markant zur Rücknahme der Klage gegen die umstritten­e Ministerer­laubnis für einen Verkauf der Supermarkt­kette an Edeka bereiterkl­ärt, sagte Tengelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub.

Vollzogen werden kann die Übernahme aber nicht, solange der Edeka-Rivale Rewe als dritter Kläger an seiner Beschwerde gegen die Ministerer­laubnis festhält. Die Hürden für eine Einigung mit Rewe scheinen weiterhin sehr hoch. Während Haub ganz klar eine Gesamtüber­nahme aller Filialen durch Edeka bevorzugt und diesen Weg erst vor einer Woche als einzige Chance zum Erhalt aller Arbeitsplä­tze bezeichnet hatte, bekräftigt­e ein Rewe-Sprecher erst am Montag die Forderung des Unternehme­ns nach einer fairen Aufteilung der Filialen.

Seit Jahren rote Zahlen

Ein Vollzug der Ministerer­laubnis würde allen Beschäftig­ten von Kaiser’s Tengelmann eine fünfjährig­e Arbeitspla­tzgarantie sichern. Kaiser’s Tengelmann betreibt im Großraum Berlin, in München und Oberbayern sowie in Nordrhein-Westfalen noch mehr als 400 Filialen. Die Kette schreibt seit Jahren rote Zahlen. Für den Fall einer Zerschlagu­ng von Kaiser’s Tengelmann signalisie­rte unterdesse­n auch die Discounter­kette Lidl ein Interesse an der Übernahme einzelner Standorte. Das Unternehme­n prüfe mögliche Optionen, hieß es am Dienstag. Als es noch um die Übernahme der ganzen Supermarkt-Kette ging, hatte Lidl nach eigenen Angaben Überlegung­en zu einem Einstieg verworfen.

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DPA-BILD: GAMBARINI Ex-Kanzler Gerhard Schröder soll den festgefahr­enen Konflikt um die Supermarkt­kette Kaiser’s Tengelmann lösen. Es ist nicht sein erster Einsatz als Schlichter.
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