Brexit geht nur mit Parlament
Britisches Gericht fordert Beschluss der Abgeordneten über EU-Austritt
Die Regierung in London hat Einspruch gegen dieses Urteil eingelegt. Sie rechnet noch immer fest mit einem Austritt Großbritanniens.
LONDON – Eine politisch so explosive Entscheidung haben die Richter am Londoner High Court vielleicht noch nie getroffen: Premierministerin Theresa May darf Großbritannien nach dem Brexit-Referendum vom 23. Juni nicht einfach aus der EU führen, wenn das Parlament nicht zustimmt. Manch ein EU-Gegner sieht die britische Demokratie vor dem Untergang, die Regierung ist „enttäuscht“über den Richterspruch.
Eine Regierungssprecherin sagte am Donnerstag, man habe „nicht vor, sich davon vom Zeitplan abbringen“zu lassen. Am Freitag telefoniert May mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Am Montag will die Regierung ihre Einschätzung dem Parlament vortragen. Das Berufungsgericht wird sich voraussichtlich Anfang Dezember mit dem Fall befassen und Anfang Januar entscheiden. Wenn das Parlament eine Art Brexit-Gesetz verabschieden muss, könnte das dauern.
Die meisten Abgeordneten waren für den Verbleib in der EU. Die britische Nachrichtenagentur PA hatte eine Umfrage veröffentlicht, in der von 650 Parlamentariern 480 sagten, sie seien gegen den Brexit. Allerdings hält es die Denkfabrik Open Europe für wahrscheinlich, dass die Abgeordneten sich grundsätzlich an das Ergebnis des Referendums gebunden fühlen.
Die Regierung ist davon überzeigt, dass sie nicht nur moralisch, sondern auch juristisch Recht hat. Das Argument: Das Parlament hat entschieden, das Volk über den Brexit abstimmen zu lassen. Es sei immer klar gewesen, dass ein „No“zur EU dann auch den Ausstieg bedeute.
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