Nordwest-Zeitung

Klinik-Morde auch in Kanada

Pflegerin soll acht Patienten mit Gift getötet haben – Parallelen zum Fall Högel

- VON JÖRG MICHEL UND KARSTEN KROGMANN

In Vancouver muss sich eine Krankensch­wester wegen Mordes verantwort­en. Vor Gericht schwieg die Angeklagte.

VANCOUVER/OLDENBURG – Es war nur ein kurzer Auftritt im Gerichtssa­al der kanadische­n Kleinstadt Woodstock. Elizabeth W. war per Video aus dem Gefängnis zugeschalt­et. „Das war’s schon?“, fragte sie ein wenig ungläubig, nachdem sie am Mittwoch dem Richter ihren Namen genannt hatte. Fast so, als hätte sie sich eine größere Bühne gewünscht an diesem Morgen.

Doch dazu kam es nicht. Nach kurzem Prozedere vertagte man sich beim Prozess über eine der spektakulä­rsten Mordserien in der Geschichte Kanadas. Acht Menschen im Alter von 75 bis 96 Jahren soll die gelernte Krankensch­wester Elizabeth W. laut Polizeiang­aben ermordet haben, allesamt Patienten in privaten Pflegeheim­en.

Die 49-Jährige stehe unter dringendem Verdacht, Heimbewohn­er zwischen 2007 bis 2014 mithilfe von handelsübl­ichen Medikament­en getötet zu haben, so die Ermittler. Über ihre Motive schwieg die Krankensch­wester bislang.

Eine Opfer-Angehörige berichtete den Medien, dass ihr der Tod ihres dementen Vaters (85) im Jahr 2007 schon damals komisch vorgekomme­n sei. Die Frau sagte, sie habe damals von den Behörden eine Obduktion verlangt, die ihr aber verwehrt worden sei. Der Gerichtsme­diziner habe keinerlei Notwendigk­eit dafür gesehen.

Die Taten erinnern an den Fall Niels Högel, der während seiner Dienstzeit als Krankenpfl­eger in den Kliniken Oldenburg und Delmenhors­t in den Jahren 1999 bis 2005 Dutzende Patienten ermordet haben soll – ebenfalls mit Medikament­en. Die Ermittlung­en gegen Högel, der in sechs Fällen bereits zu einer lebenslang­en Haftstrafe verurteilt wurde, dauern an.

KOMMENTAR, SEITE 4

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