Ab Tag eins Patienten helfen
Medizinstudenten arbeiten in Oldenburg und Groningen in Kliniken
Die Medizinstudenten lernen zwei Gesundheitssysteme kennen. Sie dürfen Patienten früh im Studium mitbehandeln.
OLDENBURG/GRONINGEN – An seinem ersten Tag als Medizinstudent in einem Oldenburger Krankenhaus fiel der Niederländer Arwin Timmermanns auf – er trug keine Turnschuhe. Er wählte die edlen Schuhe, die seine Eltern für den Master in Medizin an der University of Groningen gekauft haben. Die Schuhwahl ist nicht der einzige Unterschied, der den Oldenburger und Groninger Studenten dank des Austauschs der European Medical School auffällt.
Der Medizinstudiengang der Universität Oldenburg wurde 2012 gegründet und zählt rund 200 Studenten. Zu den 40 Erstsemesterstudenten, die jedes Jahr ihr Studium in Oldenburg aufnehmen, kommen ungefähr genau so viele niederländische Studenten von der University of Groningen. Sie werden rund ein Jahr in Oldenburg ausgebildet. Der 23 Jahre alte Student Timmermanns hat einige Stationen des Klinikums Oldenburg durchlaufen, derzeit ist er auf der Intensivstation.
Durch seinen Aufenthalt konnte er Unterschiede in beiden Gesundheitssystemen kennenlernen – zum Beispiel in Sachen Hygiene. „In den Niederlanden haben wir sehr wenige Krankenhausbakterien“, sagt er.
Die Groninger Studenten kommen im fünften Jahr ihres Studiums in die norddeutsche Stadt. Dafür müssen sie Deutsch sprechen können. Auch die Oldenburger Studenten sind verpflichtet, ein Jahr in Groningen zu studieren. Die Zusammenarbeit bildet eine Besonderheit der European Medical School, die es den Angaben zufolge in keinem anderen Medizinstudiengang einer staatlichen Hochschule gibt. „Diese Flexibilität, mit anderen Systemen zurechtzukommen und da Erfahrungen zu sammeln, ist etwas, was einfach von unschätzbarem Wert ist“, sagt die Dekanin der Fakultät, Martina Kadmon.
Da stimmt der 27 Jahre alte deutsche Student Jan Liewig zu. „Dadurch, dass ich einfach die Möglichkeit hatte, im europäischen Verbund in Groningen zu studieren, ist der Weg zurück ins Ausland keine große Hürde mehr.“Er studierte in seinem dritten Uni-Jahr in Groningen auf Englisch.
Dabei geht der Modellstudiengang neue Wege in der Praxiserfahrung. „Das erste, was die Studenten in der allerersten Stunde hier sehen, ist ein Patient“, sagt Kadmon. Nicht nur in den Veranstaltungen an der Uni kommen die angehenden Mediziner mit der Krankenhausrealität in Berührung, auch während ihrer Praxismonate in Krankenhäusern oder Arztpraxen haben sie Patientenkontakt. Liewig hat schon einige Stationen durchlaufen. Derzeit arbeitet er in der Kinder- und Jugendpsychologie.
Die Studenten laufen nicht nur mit: Sie werden ins Team integriert, beobachten und bekommen Feedback. So konnte Timmermanns schon öfter mit der Anamnese eines Patienten beginnen, bevor der Arzt hinzu kam. „Ich habe bisher keinen Patienten erlebt, der der ganzen Sache ablehnend gegenüberstand“, sagt Liewig.