„Sparen auch in Niedrigzinsphase nötig“
Volks- und Raiffeisenbanken in Weser-Ems wachsen – Friedrich Merz: An USA anlehnen
Merz sprach bei einem Vortragsabend. Er sieht große Belastungen auf die Europäer zukommen.
DINKLAGE – Die Geschäfte der Genossenschaftsbanken im Nordwesten entwickeln sich weiterhin recht dynamisch. Die Einlagen der Kunden seien bis Ende September um weitere 3,3 Prozent gewachsen, berichtete der Vorstandsvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Volks- und Raiffeisenbanken in WeserEms (AGVR), Lambert Meyer, von den 59 beteiligten Banken. Ähnliche Dynamik (plus 3,2 Prozent) zeigte das Kreditgeschäft, erläuterte Meyer, der auch Vorstand der Volksbank Jever ist, bei einer Vortragsveranstaltung der AGVR in Dinklage (Kreis Vechta).
In praktisch allen Geschäftsbereichen gebe es Zuwächse. Die Weser-Ems-Institute mit ihren rund 400000 Mitgliedern lägen bei wichtigen Kennzahlen – etwa zu Erträgen und Vermögen – weiterhin deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Auch das Fundament für das Meistern von Herausforderungen der Zukunft, wie Digitalisierung, sei damit sehr gut. Meyer setzt darauf, dass die in Kraft getretene Wohnimmobilienkreditrichtlinie bald von der Bundesregierung nachgebessert wird. Sie hatte einzelnen Kundengruppen – wie Senioren – durch entsprechende Vorgaben den Zugang zu Krediten erschwert.
Der AGVR-Vorsitzende betonte die Bedeutung des Sparens auch in der aktuellen Niedrigstzinsphase. Sparen bleibe allein schon für die Altersvorsorge nötig. Viele Sparer seien allerdings verunsichert, sagte Meyer mit Blick auf die EZB-Zinspolitik. Zugleich zeige die Preisentwicklung im Immobiliensektor mancherorts, „dass man sich auch Sorgen machen muss“.
Gastredner bei der Veranstaltung, die AGVR-Geschäftsführer Harald Lesch moderierte, war der frühere CDUPolitiker Friedrich Merz. Seine Botschaft: Deutschland und Europa seien zu klein, um in der Welt wirklich eine wichtige Rolle zu spielen. „Wir brauchen Verbündete“, sagte Merz. Er könne sich dafür keinen besseren vorstellen als die USA – „auch wenn diese zurzeit in einer schlechten Verfassung sind“, sagte der bei der „Atlantik-Brücke“engagierte Amerika-Kenner.
Der Wirtschafts- und Finanzexperte plädierte für ein Freihandelsabkommen mit den USA. Sollte es nicht dazu kommen, dürfte es andere große Allianzen, aus dem asiatischen Raum heraus, geben. Das könnte dann ständig schlechtere Marktzugangsbedingungen für Europäer bedeuten.
Merz geht davon aus, dass die US-Politik nach der Präsidentschaftswahl in der kommenden Woche zunächst mehr nach innen gerichtet sein wird. Von der EU würden wohl wesentlich höhere Beiträge zur Sicherheitspolitik und auch zum Nato-Budget erwartet, meinte Merz etwa mit Blick auf die Krisenherde in Nordafrika und im Nahen Osten.
Der Ex-Politiker machte vor Bankern und Journalisten deutlich, dass er auch für die Eurozone große Probleme sieht. Über Erfolgsfaktoren, die in Deutschland von zentraler Bedeutung seien – Bekenntnis als Industrieland, gute Ausbildung, soziale Partnerschaft – gebe es in Europa „keinen Konsens“. Für die gut laufende deutsche Wirtschaft sei der Eurokurs „eigentlich zu schwach“, künstlich geschwächt durch die EZB. Doch für die Konkurrenzfähigkeit anderer EU-Staaten sei der Euro „immer noch zu stark“.
Merz appellierte an die Unternehmen in Deutschland, sich „nicht auf der relativ guten Situation auszuruhen“. Früher sei die permanente Abwertung der Währungen von Konkurrenzländern eine ständige „Innovationspeitsche“gewesen, die Währungsnachteile ausglich. Diese sei entfallen.
Der langjährige Verbandsdirektor des Genossenschaftsverbandes Weser-Ems, Georg Litmathe aus Friesoythe, betonte die Stabilität der Genossenschaftsbanken. Wie mehrfach zuvor kritisierte er ständig steigende regulatorische Belastungen. Litmathe geht im Jahr 2017 in den Ruhestand.