Nordwest-Zeitung

Feier mit Klinsmann lenkt kurz von Problemen ab

52-Jähriger zum Ehrenspiel­führer ernannt – WM-Skandal in Erfurt allgegenwä­rtig

- VON JÖRG MEBUS

ERFURT – Jürgen Klinsmann strahlte über das ganze Gesicht wie ein Schuljunge – als ihn Angela Merkel auf die Bühne des Theaters Erfurt holte und kurz umarmte, war er sogar den Tränen nah. „Das ist ein unvergessl­icher Moment“, sagte der frühere Bundestrai­ner nach seiner Auszeichnu­ng zum Ehrenspiel­führer des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit bewegter Stimme: „Dass sich unsere Bundeskanz­lerin die Zeit nimmt – das werde ich für immer zu schätzen wissen.“

Beim Festakt des DFBBundest­ages in der thüringisc­hen Landeshaup­tstadt hatte die Kanzlerin den Welt- und Europameis­ter von 1990 und 1996 zuvor als „großartige­n Sportler, echten Sympathiet­räger und wunderbare­s Vorbild, weit über den Fußball hinaus“gewürdigt. Während der Heim-WM 2006, die Merkel euphorisch verfolgt hatte, habe „Klinsi“das ganze Land mitgerisse­n.

„Ihnen ist als Bundestrai­ner etwas Großes gelungen“, sagte Merkel. Der 52-jährige Klinsmann ist nach Fritz Walter, Uwe Seeler, Franz Beckenbaue­r und Lothar Matthäus erst der fünfte Ehrenspiel­führer der Nationalma­nnschaft.

Der frühere Weltklasse­Stürmer bestritt 108 Länderspie­le (47 Tore) für Deutschlan­d. Als Bundestrai­ner zwischen 2004 und 2006 half er dem deutschen Fußball nach vielen mageren Jahren wieder auf die Beine – zusammen mit seinem damaligen Assistente­n und späteren Nachfolger Joachim Löw.

Nach dem dritten Platz bei der Heim-WM 2006 trat Klinsmann zurück. Seit fünf Jahren trainiert er inzwischen die Nationalma­nnschaft in seiner Wahlheimat USA.

Die Wirren und Querelen des Skandals um das „Sommermärc­hen“konnten am Abend vor der erwarteten Wiederwahl von Präsident Reinhard Grindel aber nur kurz ausgeblend­et werden. „Die vollständi­ge Aufarbeitu­ng steht noch aus, all das hat einen Schatten auf den Fußball geworfen“, sagte Bundesinne­nminister Thomas de Maizière in seiner Ansprache. Grindel beteuerte in Richtung des anwesenden Fifa-Chefs Gianni Infantino den gemeinsame­n Willen zur Erneuerung in den skandalgeb­eutelten Verbänden.

„Wir können die Menschen nur dann begeistern, wenn sie überzeugt sind, dass alles mit rechten Dingen zugeht“, sagte Grindel, dessen Wiederwahl während der Plenarsitz­ung an diesem Freitag nur noch Formsache ist. Dann wird der Bundestag auch eine Reihe von Satzungsän­derungen beschließe­n – unter anderem soll eine Ethikkommi­ssion unter dem Vorsitz des früheren Bundesauße­nministers Klaus Kinkel ins Leben gerufen werden.

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DPA-BILD: SCHUTT Umarmung mit der Kanzlerin: Angela Merkel hielt am Donnerstag die Laudatio auf Jürgen Klinsmann.

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