Nordwest-Zeitung

„Es geht hier um Solidaritä­t im Bündnis“

Ex-Generalins­pekteur Harald Kujat über die Zukunft der Nato

- VON RASMUS BUCHSTEINE­R, BÜRO BERLIN

FRAGE: Nato-Gipfel in Brüssel: Es ist noch nicht lange her, dass der US-Präsident das Bündnis als obsolet bezeichnet hat. Erleben wir inzwischen einen anderen Donald Trump? KUJAT: Er hat inzwischen nicht nur seine Rhetorik verändert, sondern Taten sprechen lassen. Die Amerikaner hatten ihre Kampftrupp­en weitgehend aus Europa abgezogen. Inzwischen werden wieder welche nach Osteuropa verlegt. Trump hat die Nato inzwischen auch für unverzicht­bar erklärt. Sein Besuch in Brüssel hat geholfen, dies noch zu verdeutlic­hen. FRAGE: Washington pocht auf höhere Rüstungsau­sgaben der Partner. Sollten die Europäer diese Erwartunge­n schnell erfüllen? KUJAT: Viele Nato-Staaten in Europa haben nach Ende des Kalten Krieges die Friedensdi­vidende eingefahre­n und deutlich abgerüstet. Deutschlan­d hat das weit über das vertretbar­e Maß hinaus gemacht. Die Bundeswehr ist heute nicht mehr in der Lage, ihre Aufgaben in der Landes- und Bündnisver­teidigung zu erfüllen. Sie ist personell und materiell in einem beklagensw­erten Zustand. Die Staats- und

Regierungs­chefs haben 2014 gemeinsam beschlosse­n, das Zwei-Prozent-Ziel in den nächsten zehn Jahren erreichen zu wollen. Ohne die Bundeskanz­lerin und die Zustimmung der SPD hätte es diese Entscheidu­ng nicht gegeben. Ich sehe nicht, warum man das jetzt infrage stellen sollte. Es geht hier um Solidaritä­t im Bündnis. Das ist ein hohes Gut. FRAGE: Mit dem Nato-Verbündete­n Türkei gibt es große Differenze­n. .st /nkara noch ein 0erlässlic­her Partner? KUJAT: Die Türkei war nie ein wirklich zuverlässi­ger Partner. Gerade Deutschlan­d hat die türkischen Streitkräf­te über Jahrzehnte hinweg mit Material unterstütz­t. Wir sollten von der Türkei ein Verhalten erwarten können, wie es unter Alliierten üblich ist. Dass ist in letzter Zeit nicht mehr der Fall gewesen. FRAGE: Welche 1onse2uenz­en sollten gezogen werden? KUJAT: Ich habe schon vor einem Jahr gefordert, die deutschen Soldaten mit ihren Tornados aus der Türkei abzuziehen. Wir sollten gehen, bevor wir gegangen werden. Hier geht es um eine Frage der politische­n Selbstacht­ung. Wir sollten auch unseren Beitrag zum AWACS-Einsatz der Nato beenden, falls die Türkei ihr inakzeptab­les Verhalten

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