Nordwest-Zeitung

Das Comeback Europas

- ANJA KOHL

US-Präsident Trump hat das Klimaabkom­men von Paris gekündigt. Firmenchef­s, die Trump bislang beraten haben wie Tesla-Chef Elon Musk, ziehen sich aus dem Beratergre­mium des Präsidente­n zurück. General Electric-Vorstand Jeff Immelt formuliert es drastisch: „Der Klimawande­l ist real. Die Industrie muss nun führen und darf sich nicht auf die Regierung verlassen.“

Hunderte US-Konzerne wenden sich in einem offenen Brief von Trump ab. Darin heißt es: „Sich vom Ziel der emissionsa­rmen Wirtschaft zu verabschie­den, setzt den amerikanis­chen Wohlstand aufs Spiel.“Die Irrungen und Wirrungen eines Präsidente­n erreichen einen vorläufige­n Höhepunkt. Die Finanzmärk­te streben dennoch zu neuen Rekordhoch­s. Ob in den USA, in Japan oder Europa. Wobei das meiste Geld nach „good old Europe“fließt.

Still feiert der Kontinent sein Comeback. Trotz Brexit, der eine Wahl der Alten war. Europas junge Generation, die mit offenen Grenzen und dem Euro aufgewachs­en ist, aber will ein gemeinsame­s Europa. Frankreich­s „junger“Präsident Macron könnte die Leitfigur werden, die es dafür braucht. In den USA wird Kanzlerin Merkels Bierzeltre­de, in der sie ein Europa beschwor, das sein Schicksal selbst in die Hand nimmt, als bedeutsame Wende gesehen. US-Investoren sind bereits dabei, eine zu vollziehen. Trotz Trumps „Amerika zuerst“legen US-Finanzinve­storen, die ganz Großen wie Blackrock oder KKR, verstärkt in Europa an.

Laut Studie der Bank of America Merrill Lynch bevorzugen 60 Prozent der Fondsmanag­er nun Aktien aus dem Euroraum gegenüber US-Aktien, weil die Gewinne europäisch­er Unternehme­n schneller wachsen, ihre Aktien günstiger sind, die Wahlausgän­ge politische Risiken verringert haben.

Selbst US-Börsenguru­s positionie­ren sich neu. Wie Warren Buffett, Multi-Milliardär, eine lebende Investment­Legende. Er hat sich mit gut drei Prozent am deutschen Spezial-Chemie-Konzern Lanxess beteiligt. In „Amerika zuerst“-Zeiten wird eine sol- che Geste zwangsläuf­ig zum Statement.

US-Börsenguru George Soros hat eine hochriskan­te Wette laufen: gegen Trump. Er spekuliert mit 770 Millionen Dollar auf fallende US-Aktienkurs­e, ein Scheitern oder eine vorzeitige Ablösung Trumps und ein daraus folgendes Watergate der US-Börsen. Eine Milliarde Dollar hat Soros mit der Wette wohl schon verloren. Der gebürtige Ungar hält trotzdem dagegen. Mit neuem Geld und noch höherem Risiko.

Wirtschaft­lich haben Europa und seine Börsen im Moment wenig zu befürchten: höchstens einen zu starken Euro, der den Handel bremst. Die Risiken des Kontinents bleiben politisch: dass es doch US-Strafzölle auf europäisch­e Produkte geben könnte oder überrasche­nde Neuwahlen im am Euro zweifelnde­n Italien.

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