„Priesteramt attraktiver machen“
8ilfried Theising zu Pfingsten, Pfarrermangel und Zukunft der Katholiken
Ein neues Miteinander von Priestern und Laien regt der Weihbischof an. Wichtiger als die Aufhebung des Zölibats sei, die Beziehungsfähigkeit zu stärken. Das gelte für Verheiratete wie Ehelose.
FRAGE: Die Kirchen feiern an diesem Sonntag Pfingsten, die Ankunft des Heiligen Geistes. Wo sieht man den Geist? BISCHOF THEISING: Ich begegne ihm bei Firmungen, in Gottesdiensten. Er ist zu spüren im Forum St. Peter, in unseren Krankenhäusern und überall dort, wo wir Menschen in ihrer Not beistehen. FRAGE: Was wünschen Sie sich vom Heiligen Geist? THEISING: Ein großer Wunsch ist endlich Frieden in der Welt. Die vielen Kriege bedrücken mich. Ich habe das Gefühl, dass wir eher in eine schlechtere als eine bessere Zeit gehen. Der Terror scheint zu wachsen; wir müssen damit rechnen, dass er auch uns trifft. FRAGE: Von der Weltpolitik zur katholischen Kirche im Oldenburger Land. Viele der noch vorhandenen Priester beklagen eine Überlastung. Werden es mal wieder mehr? THEISING: Die Hoffnung habe ich. Aber ich weiß nicht, wann sie erfüllt wird. Es stimmt, die Taktung im Alltag nimmt zu, innerhalb und außerhalb der Kirche. Wir haben in den Bistümern neue Strukturen geschaffen. Da ist gerade für Priester eine Menge dazugekommen. Wir wollen den Pfarrern vor allem in der Verwaltung so viel wie möglich abnehmen. Laien sollen Pfarrer nicht nur unterstützen, sondern einen Großteil seiner Arbeit übernehmen. FRAGE: In welchen Bereichen? THEISING: Pfarrer sind streng genommen Dienstvorgesetzte für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese Verantwortung kann und muss er nicht alleine übernehmen. Priester müssen nicht die ersten Ansprechpartner sein, wenn es um Fragen wie Bau oder Sanierung eines Kindergartens geht. Das können andere tun, die wir dafür bezahlen. Das wird eine Menge kosten. Aber wir werden das tun müssen, wenn wir unsere Leute nicht völlig verschleißen wollen. FRAGE: Was kann die Kirche dafür tun, dass die Zahl der Priester steigt? THEISING: Im Moment haben wir keine Wende, sondern gehen davon aus, dass die Zahl weiter schrumpft. An diesem Sonntag werden in Münster nur zwei Männer zu Priestern geweiht – sie kommen übrigens beide aus dem Oldenburger Land. Wir sind eine Diözese mit fast zwei Millionen Katholiken, da sind zwei Neupriester viel zu wenig. Es lässt sich ausrechnen, wann zu wenige Priester da sein werden für Stellen, die heute noch selbstverständlich mit Geistlichen besetzt werden. FRAGE: Was kann den Beruf attraktiver machen? THEISING: Das ist schwer zu sagen. Abschreckend ist die Überlastung. Junge Leute, die im Prinzip interessiert sind, zweifeln daran, dass sie das schaffen könnten, wenn sie Priester erleben. Andere lassen sich ansprechen, sie sind von einer inneren Kraft, dem Heiligen Geist, getrieben. FRAGE: Was ist mit den Zulassungsbedingungen, vor allem mit der Ehelosigkeit? THEISING: Wir hätten sicher einige Bewerber mehr, wenn Priester nicht zölibatär leben müssten. Dies ist aber nicht die eigentliche Problematik. Von einer Aufhebung des Zölibats würde ich keine Trendwende erwarten. FRAGE: Sondern? THEISING: Das Problem des Priestermangels ist tiefgreifender. Es hängt mit der Glaubensfrage zusammen. Mir fällt auf, dass ein Großteil der Pastoralassistenten, die heiraten könnten, ledig ist. Das zeigt, die Ehelosigkeit scheint nicht das eigentliche Thema zu sein. Mir scheint, es geht um die Frage der Beziehungsfähigkeit. Ich sehe, dass manche Priester einsam sind, keine stabilen sozialen Kontakte haben. Ich halte es für wesentlich, dass Priester in guten Beziehungen leben. Vor dieser Aufgabe stehen Verheiratete wie Nichtverheiratete. Ich wünsche mir, dass es gelingt, deutlich zu machen, dass man in diesem Beruf glücklich sein kann. Das bringen wir nicht genug ‘rüber. FRAGE: Und was heißt das für das Problem Priestermangel? THEISING: Es wäre unredlich zu behaupten, ich hätte eine Lösung. Ich freue mich nicht über den Mangel, aber ich finde nicht, dass deshalb die Kirche zusammenbricht. Mir geht es darum, einerseits den Priestermangel im Blick zu behalten und andererseits Lösungen für die Probleme hier und jetzt zu finden. Wir werden das Thema Gemeindeleitung nochmal anschauen und über die Verteilung der Aufgaben reden müssen. Ich stelle mir eine deutlich stärkere Beteiligung der Laien vor. FRAGE: Können Laien Gemeinden leiten? THEISING: Nach unserem Verständnis sind Priester Gemeindeleiter. Aber an vielen Stellen übernehmen praktisch Laien diese Aufgabe. Und das geht offensichtlich. (Das gesamte Interview lesen Sie unter www.nwzonline.de)