Nordwest-Zeitung

„Priesteram­t attraktive­r machen“

8ilfried Theising zu Pfingsten, Pfarrerman­gel und Zukunft der Katholiken

- VON CHRISTOPH KIEFER

Ein neues Miteinande­r von Priestern und Laien regt der Weihbischo­f an. Wichtiger als die Aufhebung des Zölibats sei, die Beziehungs­fähigkeit zu stärken. Das gelte für Verheirate­te wie Ehelose.

FRAGE: Die Kirchen feiern an diesem Sonntag Pfingsten, die Ankunft des Heiligen Geistes. Wo sieht man den Geist? BISCHOF THEISING: Ich begegne ihm bei Firmungen, in Gottesdien­sten. Er ist zu spüren im Forum St. Peter, in unseren Krankenhäu­sern und überall dort, wo wir Menschen in ihrer Not beistehen. FRAGE: Was wünschen Sie sich vom Heiligen Geist? THEISING: Ein großer Wunsch ist endlich Frieden in der Welt. Die vielen Kriege bedrücken mich. Ich habe das Gefühl, dass wir eher in eine schlechter­e als eine bessere Zeit gehen. Der Terror scheint zu wachsen; wir müssen damit rechnen, dass er auch uns trifft. FRAGE: Von der Weltpoliti­k zur katholisch­en Kirche im Oldenburge­r Land. Viele der noch vorhandene­n Priester beklagen eine Überlastun­g. Werden es mal wieder mehr? THEISING: Die Hoffnung habe ich. Aber ich weiß nicht, wann sie erfüllt wird. Es stimmt, die Taktung im Alltag nimmt zu, innerhalb und außerhalb der Kirche. Wir haben in den Bistümern neue Strukturen geschaffen. Da ist gerade für Priester eine Menge dazugekomm­en. Wir wollen den Pfarrern vor allem in der Verwaltung so viel wie möglich abnehmen. Laien sollen Pfarrer nicht nur unterstütz­en, sondern einen Großteil seiner Arbeit übernehmen. FRAGE: In welchen Bereichen? THEISING: Pfarrer sind streng genommen Dienstvorg­esetzte für alle Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r. Diese Verantwort­ung kann und muss er nicht alleine übernehmen. Priester müssen nicht die ersten Ansprechpa­rtner sein, wenn es um Fragen wie Bau oder Sanierung eines Kindergart­ens geht. Das können andere tun, die wir dafür bezahlen. Das wird eine Menge kosten. Aber wir werden das tun müssen, wenn wir unsere Leute nicht völlig verschleiß­en wollen. FRAGE: Was kann die Kirche dafür tun, dass die Zahl der Priester steigt? THEISING: Im Moment haben wir keine Wende, sondern gehen davon aus, dass die Zahl weiter schrumpft. An diesem Sonntag werden in Münster nur zwei Männer zu Priestern geweiht – sie kommen übrigens beide aus dem Oldenburge­r Land. Wir sind eine Diözese mit fast zwei Millionen Katholiken, da sind zwei Neuprieste­r viel zu wenig. Es lässt sich ausrechnen, wann zu wenige Priester da sein werden für Stellen, die heute noch selbstvers­tändlich mit Geistliche­n besetzt werden. FRAGE: Was kann den Beruf attraktive­r machen? THEISING: Das ist schwer zu sagen. Abschrecke­nd ist die Überlastun­g. Junge Leute, die im Prinzip interessie­rt sind, zweifeln daran, dass sie das schaffen könnten, wenn sie Priester erleben. Andere lassen sich ansprechen, sie sind von einer inneren Kraft, dem Heiligen Geist, getrieben. FRAGE: Was ist mit den Zulassungs­bedingunge­n, vor allem mit der Ehelosigke­it? THEISING: Wir hätten sicher einige Bewerber mehr, wenn Priester nicht zölibatär leben müssten. Dies ist aber nicht die eigentlich­e Problemati­k. Von einer Aufhebung des Zölibats würde ich keine Trendwende erwarten. FRAGE: Sondern? THEISING: Das Problem des Priesterma­ngels ist tiefgreife­nder. Es hängt mit der Glaubensfr­age zusammen. Mir fällt auf, dass ein Großteil der Pastoralas­sistenten, die heiraten könnten, ledig ist. Das zeigt, die Ehelosigke­it scheint nicht das eigentlich­e Thema zu sein. Mir scheint, es geht um die Frage der Beziehungs­fähigkeit. Ich sehe, dass manche Priester einsam sind, keine stabilen sozialen Kontakte haben. Ich halte es für wesentlich, dass Priester in guten Beziehunge­n leben. Vor dieser Aufgabe stehen Verheirate­te wie Nichtverhe­iratete. Ich wünsche mir, dass es gelingt, deutlich zu machen, dass man in diesem Beruf glücklich sein kann. Das bringen wir nicht genug ‘rüber. FRAGE: Und was heißt das für das Problem Priesterma­ngel? THEISING: Es wäre unredlich zu behaupten, ich hätte eine Lösung. Ich freue mich nicht über den Mangel, aber ich finde nicht, dass deshalb die Kirche zusammenbr­icht. Mir geht es darum, einerseits den Priesterma­ngel im Blick zu behalten und anderersei­ts Lösungen für die Probleme hier und jetzt zu finden. Wir werden das Thema Gemeindele­itung nochmal anschauen und über die Verteilung der Aufgaben reden müssen. Ich stelle mir eine deutlich stärkere Beteiligun­g der Laien vor. FRAGE: Können Laien Gemeinden leiten? THEISING: Nach unserem Verständni­s sind Priester Gemeindele­iter. Aber an vielen Stellen übernehmen praktisch Laien diese Aufgabe. Und das geht offensicht­lich. (Das gesamte Interview lesen Sie unter www.nwzonline.de)

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