Wo dsu ot srmation erfunden wurde
Hessen Pionierland der Reformation – Elisabethpfad verbindet Homberg und Marburg
Mit der Reformation verbindet man Martin Luther. Auch in Hessen gab es jemanden, der Gefallen an dessen Thesen fand: Philipp der Großmütige.
HOMBERG – Zu viele Klöster in Hessen, befand Philipp der Großmütige (1504–1567). Was also tun? Der Landgraf ließ sich 1526 vom Reichstag in Speyer bestätigen, dass er das Recht hatte, über Glauben und Seelenheil seiner Untertanen zu befinden – und zwar nach seinem Gutdünken und nicht wie bisher von des Papstes und des Kaisers Gnaden. Also gründete Philipp die hessische Landeskirche und enteignete bald darauf die meisten Klöster im Lande. Ort der Kirchengründung wurde Homberg an der Efze im grünen Nordhessen.
Philipp fand auch Gefallen an Martin Luthers Thesen: Er war gegen Ablasshandel, Prunksucht und Selbstherrlichkeit des Klerus und für die Orientierung am Gewissen und die Alphabetisierung des Volkes. So wurde Hessen ein Pionierland der Reformation. Heute führt ausgerechnet ein katholischer Wanderweg, der Elisabethpfad, zu ihren bedeutendsten Stätten: Homberg, Ziegenhain und Marburg.
Insgesamt gibt es drei Elisabethpfade – alle führen an das Grab der Heiligen Elisabeth nach Marburg. Ausgangspunkte sind Köln, Frankfurt/Main und Eisenach. Von Eisenach nach Marburg
sind es 193 Kilometer. Einer der ersten Stopps unterwegs in Hessen ist Homberg.
Stolz nennt Homberg sich „Reformationsstadt“. Eine Bronzestatute des Landesfürsten Philipp steht mitten auf dem Marktplatz der Fachwerkstadt. Stadtführer Berthold Röse tritt sogar im Hochsommer im schwarzsamtenen Gelehrtengewand auf. „Das ist aber eher ein Fantasiekostüm“, sagt er. Historischer sei da schon die Kleidung, in der Philipp lebensgroß auf dem Marktplatz sitzt.
Weiter geht es nach Ziegenhain. Wie Homberg hat auch das 4000-Seelen-Dorf im Mittelalter und zur Neuzeit glänzende Zeiten gesehen. Doch heute glänzt in Ziegenhain
nur noch die touristische Kulisse eines historischen Ortes in der sanfthügeligen Flusslandschaft, eingebettet zwischen Vogelsberg und Knüllgebirge.
Gleißend scheint die Sonne über dem Paradeplatz der Festung. Niemand ist zu sehen. Das Museum im Fachwerkhaus öffnet erst um 14 Uhr. Verschlossen ist auch die mittelalterliche Wasserfestung. Aus gutem Grund: Sie wurde im 18. Jahrhundert zum Gefängnis erweitert und ist heute eine wichtige Justizvollzugsanstalt (JVA). Hinter ihren Mauern wurde im 16. Jahrhundert die Konfirmation erfunden. Philipp der Großmütige hatte da seine Finger im Spiel.
Der Ort der Handlung, das ehemalige Fürstenzimmer, liegt zwar in der abgeschotteten JVA. Doch immerhin gibt es den Raum noch, in dem die Protestanten der ersten Stunde die „Ziegenhainer Kirchenzucht“genannte Ordnung beschlossen. Doch Luther war gegen das umfangreiche Regelwerk, und es trat nicht in Kraft. Nur die Konfirmation überlebte sein Machtwort.
Im Marburger Schloss erinnert ein Ölgemälde aus dem Jahr 1896 an eine weitere wichtige Begebenheit: Philipp ließ 1529 dort in seiner Residenz Luther mit Huldrych Zwingli und anderen Reformatoren heftig darüber streiten, ob und wie Jesus Christus beim Abendmahl gegenwärtig sei. Es war das einzige Mal, dass die führenden Männer aus Sachsen, Südwestdeutschland und der Schweiz persönlich miteinander diskutierten.
In Hessen taten die meisten enteigneten Klöster bald mildtätige Dienste als Armenhospitäler. Ins Dominikanerkloster von Marburg zog die erste evangelische Hochschule, die Philipps-Universität, ein. Noch heute ist dort eine der Universitäts-Fakultäten untergebracht. Ein paar Schritte weiter steht die erste rein gotische Kirche auf deutschem Boden, die Elisabethkirche, der Endpunkt des Elisabethpfades. Philipp hatte sie natürlich rasch evangelisch gemacht.
Inzwischen war der hessische Landgraf als politischer Anführer der Reformation so bedeutend geworden, dass Luther ihm im Jahr 1539 zähneknirschend die Erlaubnis gab, sich eine Zweitfrau zu nehmen. Denn der Reformator konnte dem gewitzten Landesfürsten keine Bibelstelle nennen, die es einem Christen verboten hätte, mehrere Ehefrauen zu haben.
Luther persönlich soll allerdings kaum sechs Tage in Marburg gewesen sein. Wo er übernachtete, ist nicht bekannt. Nur dass er sich frisch machte in dem Haus, das sich heute als Luthers Herberge schmückt, gilt als historisch gesichert. Durch eine Rechnung erwiesen ist allerdings, dass der Reformator auf dem Weg nach Marburg im Kloster Spieskappel unweit von Ziegenhain übernachtete. Vom Kloster ist nur noch die Basilika erhalten – sie liegt ebenfalls am Elisabethpfad.