Nach Ursachen des Terrors fragen
Betrifft: „Neue Qualität“, Kommentar von Alexander Will zum Terror in Manchester, Meinung, 24. Mai
Wieder einmal ein Kommentar von Alexander Will, in dem er die ganze islamische Welt zur Verantwortung zieht: Wer würde auf die Idee kommen, für Breiviks Handeln, für fremdenfeindlich motivierte Brandanschläge die gesamte westliche Welt verantwortlich zu machen? Wieder einmal die Diffamierung anders denkender, dieses Mal als „Zeigefinger schwingende Gutmenschen“. Will behauptet, sie gäben Terroropfern „indirekt Mitschuld“– wenn sie danach fragen, welche Faktoren dazu führen, dass (nur wenige!) junge Muslime aus westlichen Gesellschaften in die islamistische Szene abdriften und dann solche Anschläge begehen. „Indirekt“muss Will schreiben, weil er natürlich nirgendwo jemanden findet, der den Terroropfern eine Mitschuld gibt. Dass er mit denen, die nach Ursachen fragen (und schlechte Integration, die Erfahrung von Rassismus und wirtschaftliche Ungleichheit gehören tatsächlich bei vielen dieser Jugendlichen zur Lebensgeschichte), auch alle Ansätze zur Prävention in der westlichen Gesellschaft infrage stellt, gehört zu den Kollateralschäden dieses „Gutmenschen-Bashings“.
Rassismus gibt es in Wills Wahrnehmung westlicher Gesellschaften nicht („angeblich“). Hat er die Berichterstattung
aus Großbritannien nach dem Brexit-Votum nicht verfolgt? Wenn selbst Polen Opfer nationalistisch motivierter Attacken werden: womit haben dann wohl nordafrikanische Muslime zu rechnen? Allein in der Ideologie bestehe das Problem, so Wills Behauptung – und führt als Beleg für seine These ausgerechnet den Nordirlandkonflikt an. Aber auch dort war die wirtschaftliche Ungleichheit zwischen Protestanten und Katholiken eine wesentliche Ursache dafür, dass Menschen für eine Ideologie überhaupt anfällig wurden. (...)
Angelika Nothwang Oldenburg
Ideologien bekämpfen! Geht es genauer? Wenn Herr Will da ein Rezept haben sollte, hat er es uns vorenthalten. Die Verlegenheitsrhetorik, die er anderen vorwirft, pflegt er selbst und gleicht einem Arzt, der aus lauter Stolz auf seine Diagnose verdrängt, dass es ihm an Heilmitteln fehlt. Gegen Fanatiker, die bereit sind, über Leichen einschließlich ihrer eigenen zu gehen, bleibt Sicherheit Illusion. Sollen wir Mauern bauen, Ethnien abweisen oder mal wieder Kreuzzüge führen? Das beeindruckt Terroristen nicht. Die europäische Annäherung hat uns unschätzbare 70 Jahre Frieden gebracht, ein Verschwinden privater oder organisierter Verbrechen selbstverständlich
nicht. Gerade die Beispiele, die Herr Will anführt, belegen seine Forderung als Leerformel. Nur zäher und opferreicher Bewusstseinswandel nach hoffnungslosen Jahrzehnten (Nordirland), nur mühsame Strafverfolgung (RAF), das sind die Mittel im Rechtsstaat, und mit den schrecklichen, wenn auch verführerisch wirksamen seiner Feinde darf er sich um keinen Preis gemein machen.
Ivo Kügel Oldenburg
Was allgemein so über den Terror berichtet wird, lässt bei vielen Menschen Zweifel aufkommen. Viele Islamisten sagen, und damit meinen sie die westliche militärische Allianz: „Sie töten unsere Frauen und Kinder“. Geschätzte 300 000 Tote hat der Bush-Krieg gefordert. Unschuldige Menschen, die von einem Tag auf den anderen mit einem Bombenhagel zugedeckt wurden. Wenn jeder Tote gerächt werden würde, hat Europa noch viele Anschläge zu erwarten. Die Hilflosigkeit der Politiker äußert sich immer in den gleichen Floskeln: „Wieder einmal geschah ein feiger Anschlag... und so weiter.“Davon abgesehen ist es überhaupt nicht feige, sich selbst in die Luft zu sprengen. Es ist auch kein Krieg Gut gegen Böse, sondern ein Krieg der Kulturen. Im mittleren Osten will man sich keine „westlichen Werte“aufzwingen lassen (Alkoholismus, Prostitution, Frauensexsymbolik), sondern seinen Glauben schützen. Der Kampf gegen den Terror ist nur ein Vorwand, um sich eine Vormachtstellung in fremden Gebieten zu sichern. Mit Verteidigung an eigenen Grenzen hat das nichts zu tun. Wie kann Frau Merkel betroffen sein, wenn sie weiß, dass durch deutsche Waffen unzählige Menschen sterben. Der Westen sollte mal von seinem hohen Ross herunter steigen und endlich mit der Gewalt gegen andere aufhören, denn so handelt er sich nur noch mehr Ärger ein. Terror ist nicht zu besiegen. Dann müsste man eine Menge Menschen töten. (...)
Jans-Jochen Bock Oldenburg
Bei diesem Attentat in Manchester und weiteren ausgeführten Attentaten in Europa muss man von einem Versagen der Sicherheitsbehörden sprechen. Nach den Attentaten stellt sich schnell heraus, dass die Attentäter meist bekannt waren. Der Fall Amri in Berlin war ein Beweis dafür. Der Bürger fragt sich, warum potenzielle Gefährder nur beobachtet und nicht aus dem Verkehr gezogen werden? Auch eine angebrachte Fußfessel wird einen Attentäter nicht daran hindern einen Terroranschlag zu begehen.
Peter Richter Varel