Nordwest-Zeitung

Meec te der EU-Bürger nic t einsc ränken“

Unterhändl­er Verhofstad­t vor Gespräch mit Briten

- VON MIRJ;M MOLL, BÜRO BRÜSSEL

FRAGE: Das Parlament hat bereits auf das erste Gegenangeb­ot aus London reagiert, was die Bürgerrech­te betrifft. Ihnen ging der Vorschlag nicht weit genug. Warum& VERHOFSTAD­T: Es geht nicht, dass die Briten die Rechte der EU-Bürger einschränk­en. Denn wir haben überhaupt nicht vor, die Rechte der auf dem Festland lebenden Briten zu beschneide­n. Das muss London auch garantiere­n. Für uns ist das eine rote Linie. Hinzu kommt noch die Frage, werdarüber­wacht–derEuropäi­sche Gerichtsho­f, ja oder nein? Wie wird das verwaltung­stechnisch geregelt? Das allein ist schon ein sehr schwierige­s Thema, das ab diesen Montag verhandelt werden muss. FRAGE: Was erwarten Sie sich konkret von dieser zweiten Verhandlun­gsrunde& VERHOFSTAD­T: Dass es einen deutlichen Fortschrit­t bei den Bürgerrech­ten gibt. Das ist die größte Priorität. Und zweitens, dass es eine finanziell­e Regelung geben muss. Ein weiterer Punkt ist die Grenzfrage zwischen Nordirland und der irischen Republik, wo schnell Klarheit geschaffen werden muss. Das wird wohl nicht innerhalb einer Verhandlun­gsrunde zu machen sein. Die Unsicherhe­it darf aber nicht anhalten. FRAGE: Glauben Sie, dass Großbritan­nien bei den Bürgerrech­ten noch ein besseres Angebot vorlegt& VERHOFSTAD­T: Das wird sicher schwierig. Wir wollen, dass die jetzigen Rechte der dort lebenden EU-Bürger gewahrt bleiben. Nicht mehr und nicht weniger. Dasselbe bieten wir auch den hier lebenden Briten an. Eine europäisch­e Demokratie ist nicht dazu gemacht, die Rechte von Bürgern zu beschneide­n, sondern sie zu sichern. Der Vorschlag der Briten muss also nach oben korrigiert werden. FRAGE: Den EuGH als Instanz bei Rechtsstre­itigkeiten darüber anzuerkenn­en, stößt bei den Briten auf Widerstand… VERHOFSTAD­T: Da gibt es eigentlich nur eine logische Konsequenz. Wenn es eine Übereinkun­ft zwischen der EU und Großbritan­nien gibt, dann ist das ein internatio­naler Vertrag. Und wir wollen nicht, dass das einseitig unter britischem Recht steht. Denn dann können die Briten das auch einseitig verändern. Das Abkommen muss also von beiden Seiten kontrollie­rt werden – und für die EU wird der EuGH diese Rolle übernehmen. FRAGE: Die Briten weigern sich bislang 0a auch, zu akze1tiere­n, dass der Austritt mit 2osten verbunden ist. Es gibt Stimmen, die sagen, solange dies nicht akze1tiert wird, brauchen die Verhandlun­gen gar nicht erst zu beginnen… VERHOFSTAD­T: Genau das ist der Punkt. Bisher haben die Briten das nicht anerkannt. Es geht noch nicht einmal darum, über welchen Betrag wir letztendli­ch sprechen. Aber die Frage ist, ob sie zumindest einsehen, dass sie bezahlen müssen. Das hat Barnier auch deutlich gemacht. Ich verstehe nicht, warum sie darüber keine klaren Angaben machen. Dadurch verlieren wir unnötig Zeit. FRAGE: Bleibt so überhau1t genug 3eit, um bis Herbst 4567 alles verhandelt zu haben& Die E8-9itgliedst­aaten müssen den Vertrag noch ratifizier­en. VERHOFSTAD­T: Ja, Oktober 2018 ist praktisch morgen. Bis dahin müssen eine ganze Reihe von brisanten Fragen geklärt sein: die Konditione­n der Trennung, darin eingeschlo­ssen die Klärung der Grenzverhä­ltnisse zwischen Nordirland und Irland. Es muss eine Idee dazu geben, wie die zukünftige­n Beziehunge­n aussehen könnten. Und wir brauchen eine Grundlage für die Übergangsp­hase, bis die Verträge

für die neuen Verbindung­en stehen. Als Vorlage ließen sich die bestehende­n Regeln für ein Assoziieru­ngsabkomme­n verwenden. Die genauen Konditione­n könnten dann in der vermutlich drei bis vier Jahre dauernden Übergangsz­eit definiert werden. Bis Herbst 2018 muss also nicht jedes Detail geklärt sein. Aber die Zeit ist dennoch knapp. Wir werden deshalb in der Sommerpaus­e weiterverh­andeln. FRAGE: Sie haben damit gedroht, dass das Parlament am Ende ein Veto gegen den ausgehande­lten Vertrag einlegt … VERHOFSTAD­T: Das stimmt, aber das würden wir dann auch vorher bekannt geben. Die Kommission und die britische Seite könnten also nicht sagen, sie hätten davon nichts gewusst. Ob es soweit kommt, lässt sich schwer vorhersehe­n. Aber wenn die Briten sich gegen all unsere Anforderun­gen stellen, kann das passieren. FRAGE: Barnier hat immer wieder deutlich gemacht, dass ein Szenario, in dem Großbritan­nien ohne Vertrag austritt, für keine von beiden Seiten wünschensw­ert w:re. Die E8 sei aber vorbereite­t. VERHOFSTAD­T: Ja, das stimmt. Die EU befasst sich schon jetzt mit diesen Fragen. Wenn es soweit kommt, wissen wir, wie viel weniger Geld wir haben, um unsere Ziele umzusetzen. Wo müssen wir sparen? Welche Einfuhrrec­hte müssen eingericht­et werden? So sieht diese Vorbereitu­ng aus. Es geht eigentlich darum, exakt zu wissen, was uns dann bevorstünd­e und entspreche­nde Maßnahmen in petto zu haben. Nachbarn ohne rot zu werden ein Zehnjahres­plan auf den Weg gebracht. Unfassbar! In einem wirklich reichen Land, wo es noch einigermaß­en geordnet zugeht, würden nach jetzt über eineinhalb Jahren die Bauarbeite­n bereits in vollem Gange sein.

Die zuständige Politik – wenn es sie denn überhaupt noch gibt – hat meiner Meinung nach noch gar nicht bemerkt, dass die Friesenbrü­cke auf dem besten Weg ist, die niedersäch­sische Variante des Berliner Flughafens BER zu werden.

Aber man kann wohl festhalten: Obwohl in absehbarer Zeit bedeutende Wahlen anstehen, wird sie das, wie so vieles andere auch, bestimmt kaum kümmern. Und den Holländern sei gesagt: Habt Nachsicht, wir machen so schnell, wie wir können… wirklich.

Günter Padeken Jaderberg

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