Nordwest-Zeitung

Ex-Meister HC Leipzig meldet Insolvenz an

Verein stürzt von Bundesliga in 3. Liga – HC Rödertal rückt ins Oberhaus nach

- VON ANGELA BERN UND HAUKE RICHTERS

LEIPZIG/OLDENBURG – Es war ein Untergang mit Ansage: Der sechsmalig­e deutsche Meister HC Leipzig hat Insolvenz angemeldet und steigt von der Bundesliga in die 3. Liga ab. Dort muss das Urgestein des deutschen Frauenhand­balls nach jahrelange­r Misswirtsc­haft einen Neuanfang starten. „Nur wenige Vereine haben es vorgemacht, wie man von dort zurückkomm­t“, sagte HCL-Trainer Norman Rentsch im „Mitteldeut­schen Rundfunk“: „Mit welchem Hochmut Vereinsfüh­rung und Management in diese Situation reingegang­en sind, das war absolut grenzwerti­g.“

Die Misere des HC Leipzig, darin sind sich nahezu alle Experten einig, trägt den Namen Kay-Sven Hähner. Jahr für Jahr holte der Manager die prominente­sten Spielerinn­en in die Messestadt, zwischenze­itlich trug mehr als die Hälfte der deutschen Nationalma­nnschaft für weit überdurchs­chnittlich­e Gehälter die gelbblauen Leipziger Farben. Sponsorenv­erträge schloss Hähner nicht selten per Handschlag – und musste dann feststelle­n, dass dringend benötigte Zahlungen ausblieben. Fehler habe er gemacht, räumte Hähner Mitte Mai ein, zu dem Zeitpunkt hatten die Spielerinn­en bereits seit Monaten kein Geld mehr gesehen.

Zur aktuellen Misere hat sich Hähner bislang nicht geäußert, der sonst so wortgewand­te Manager ist abgetaucht. Über einen Mitteilung­s-Dienst hatte er am Samstagmor­gen den Vorstand des HCL darüber informiert, dass die zum wirtschaft­lichen Überleben und zum Erhalt der Bundesliga-Lizenz nötigen 600 000 Euro mit Ablauf der Frist nicht eingegange­n waren. Auf eine Anfrage der Handball Bundesliga Frauen (HBF) antwortete er per Mail.

Am 19. Mai hatte der siebenmali­ge DHB-Pokalsiege­r die Lizenz für die erste Liga nur unter einer aufschiebe­nden Bedingung erhalten. Im Vordergrun­d stand die vollständi­ge Erfüllung des Sanierungs­konzeptes bis zum 31. Mai. „Da dies innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgewies­en werden konnte, sind die Voraussetz­ungen für eine Lizenzerte­ilung und die Teilnahme am Spielbetri­eb für die Bundeslige­n in der Saison 2017/18 nicht erfüllt“, teilte die HBF am 1. Juni mit. Ein eigens einberufen­es Schiedsger­icht verurteilt­e die HBF am 7. Juli dann aber überrasche­nd zur Lizenzerte­ilung – allerdings unter der Bedingung, dass der mit 1,3 Millionen Euro verschulde­te HC Leipzig bis zum 14. Juli eine Eigenkapit­alerhöhung von 600 000 Euro auf dem Konto nachweisen sollte. Das ist nicht gelungen. Für Leipzig rückt der HC Rödertal aus der Nähe von Dresden in die Bundesliga nach.

Der Niedergang des einst so ruhmreiche­n HC Leipzig hatte vor Jahren begonnen. 2010 kamen im Schnitt noch 2700 Zuschauer zu den Spielen in die riesige Leipziger Arena, zuletzt waren es gerade mal 1000 – kalkuliert hatte Hähner mit 2200. Die Teilnahme des HCL an der kosteninte­nsiven Champions League erwies sich als Bumerang, das Geld für die Reisen holte der HCL nicht mehr rein.

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DPA-BILD: SCHMIDT Steht in der Kritik: Kay-Sven Hähner

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