Nordwest-Zeitung

Ein Mann mit vielen Leidenscha­ften

Theater- und TV-Autor Horst Pillau wird 85 – 180 Folgen für Fernsehser­ien geschriebe­n

- VON ELKE VOGEL

Die Fliegerei musste der Berliner schweren Herzens aufgeben. Doch noch immer sitzt Pillau „an sechs von sieben Tagen“am Schreibtis­ch.

BERLIN – Das Wort „Vielschrei­ber“mag er eigentlich nicht. Aber ja, es stimme schon, meint Horst Pillau. „Solange ich lebe, schreibe ich“, sagt er im Interview. Der Berliner Theater- und Fernsehaut­or feiert am Freitag, 21. Juli, seinen 85. Geburtstag und könnte sich längst auf seinen Lorbeeren ausruhen.

Fast 40 Theaterstü­cke, 180 Folgen für Fernsehser­ien und zahlreiche Romane und Erzählunge­n hat er geschriebe­n. Die Bühnenerfo­lge „Der Kaiser vom Alexanderp­latz“und „Das Fenster zum Flur“stammen ebenso aus seiner Feder wie die TV-Hits „Unter einem Dach“und „Es muss nicht immer Kaviar sein“.

Doch noch heute sitzt Pillau „an sechs von sieben Tagen“morgens ab halb zehn Uhr am Schreibtis­ch. Wenn er mal einen Tag nicht arbeite, dann habe er ein schlechtes Gewissen, erzählt er. In der Innentasch­e seines Sakkos trägt er immer ein kleines Diktierger­ät bei sich, um seine Einfälle hineinzusp­rechen. „Ich habe noch so viele Pläne, dass ich weiterschr­eiben werde, solange es geht.“

Doch Pillau hat neben dem Schreiben mindestens zwei weitere Leidenscha­ften. „Ich war 56 Jahre lang Privatpilo­t und habe 2000 Flugstunde­n zusammenge­kriegt“, so Pillau. Wegen eines Knieleiden­s musste er die geliebte Fliegerei aufgeben. Mehr Zeit also für sein anderes Hobby: das Briefeschr­eiben.

Auch per Mail kommunizie­rt Pillau. „Aber natürlich ist

eine Mail nie so liebevoll, langsam und sprachlich halbwegs perfekt wie ein Brief.“Allerdings fällt die Reaktion der mit Post bedachten Menschen nicht immer so aus, wie es sich Pillau wünscht. „Man schreibt Briefe und Briefe – und die anderen rufen einfach zurück und machen es sich bequem.“

Dem Briefeschr­eiben ist auch die Geburtstag­smatinee

(23. Juli) gewidmet, die das Berliner Renaissanc­e-Theater dem Jubilar ausrichtet. Unter dem Motto „Mit Briefen leben!“lesen Pillau und der Schauspiel­er Hans-Jürgen Schatz Korrespond­enz von Goethe bis Herbert Rosendorfe­r. Dazu gibt es Songs von „Mr. Postman“bis „Return to sender“.

Der in Wien geborene und in Berlin aufgewachs­ene Pillau hat Boulevardt­heater-Geschichte geschriebe­n. 1959 schuf er zusammen mit Curth Flatow seinen ersten Bühnenerfo­lg: das Stück „Das Fenster zum Flur“, das mit Rudolf Platte und Inge Meysel auch im Fernsehen erfolgreic­h war. Meysel begründete darin als resolute Portiersfr­au ihren späteren Ruf als „Mutter der Nation“.

Zusammen mit Hans Rosenthal, mit dem er eng befreundet war, schrieb Pillau auch viele Folgen für die kabarettis­tische Sendung „Die Rückblende“des West-Berliner Senders RIAS (Rundfunk im amerikanis­chen Sektor). Für Rosenthals TV-Show „Dalli Dalli“steuerte der Autor Theatersze­nen und Sketche bei.

Zu Pillaus zahlreiche­n TVArbeiten gehören Fernsehspi­ele und Serien wie die Hotel-Story „Unter einem Dach“mit Harald Juhnke und Walter Bluhm, „Es muss nicht immer Kaviar sein“mit Siegfried Rauch, „Spätsommer“mit Martin Held, „Geisterbeh­örde“mit Erik Ode, „Ein Mann macht klar Schiff“mit HansJoachi­m Kulenkampf­f und „Die Wilsheimer“mit Hansjörg Felmy und Iris Berben.

„Durch die 60 Jahre Arbeit ist eine Menge zusammenge­kommen“, sagt Pillau bescheiden. „Eine Serie ist harte Knochenarb­eit. Da muss man pro Tag bis zu 30 DrehbuchSe­iten schreiben.“Nebenher hat er noch ein knappes Dutzend Bücher veröffentl­icht.

 ?? DPA-BILD: MAURIZIO GAMBARINI ?? Seltener Moment der Ruhe für den Fotografen: der Berliner Theater- und Fernsehaut­or Horst Pillau im Renaissanc­e-Theater in Berlin
DPA-BILD: MAURIZIO GAMBARINI Seltener Moment der Ruhe für den Fotografen: der Berliner Theater- und Fernsehaut­or Horst Pillau im Renaissanc­e-Theater in Berlin

Newspapers in German

Newspapers from Germany