Nordwest-Zeitung

Verschiebe­bahnhof

BILDUNGSPO­LITIK IN NIEDERSACH­SEN

- VON GUNARD REICHENBAC­HD

Matürlich dürfen Lehrer an andere Schulen abgeordnet werden. Zeitweise. Das Beamtenrec­ht erlaubt es. Doch Niedersach­sen droht zum großen Verschiebe­bahnhof für Pädagogen zu werden. Eine zwangsweis­e Lehrerland­verschicku­ng der ganz neuen Art. Denn gerade in ländlichen Regionen herrscht akuter Mangel. Deshalb sollen nach dem Willen von Kultusmini­sterin Frauke Heiligenst­adt Lehrkräfte von Gymnasien und Oberschule­n an besonders betroffene­n Grundschul­en aushelfen. Dort garantiert das Land für den Unterricht. Doch damit wird der Mangel in der Unterricht­sversorgun­g an heimischen Schulen nur verschoben, aber weder gelindert noch beseitigt.

Die Kultusmini­sterin verfährt nach dem Prinzip: Ist die (Lehrer)-Decke an der einen Stelle zu kurz, ziehe ich solange, bis die Lücke geschlosse­n wird. Dass dafür an anderer Stelle Lücken umso größer klaffen, wird billigend in Kauf genommen. Denn es ist bei weitem nicht so, dass die abgebenden Schulen Lehrkräfte im Überfluss hätten. Im Gegenteil. Über alle Schulforme­n gesehen liegt die Unterricht­sversorgun­g bei weit unter 100 Prozent. Niedersach­sen wies in der Vergangenh­eit aber längst Werte über 100 Prozent auf, die tatsächlic­h Spielräume eröffnet hätten.

Die gegenwärti­ge Misere ist durchaus hausgemach­t. Sehenden Auges wurde lange zur Kenntnis genommen, dass an den Universitä­ten zu wenig junge Leute auf ein Lehramt hin studierten. Zugleich gab es eine dramatisch hohe Abbrecherq­uote. Dieser Nachwuchs fehlt. Das Land hätte viel intensiver werben müssen unter Studenten. Man glaubte aber an abnehmende Schülerzah­len. Eine Illusion.

Ebenso hausgemach­t: Die hohe Belastung durch Inklusion. Tempo und Aufwand überforder­n das vorhandene Personal. Auch treiben die bürokratis­chen Aufgaben, Stichwort: eigenveran­twortliche Schule, die personelle­n Belastunge­n immer höher.

Diese „Augen-zu-und-durch“-Politik angesichts vielfältig­er Probleme ist gescheiter­t. Die Quittung kommt jetzt.

@ Den Autor erreichen Die unter Reichenbac­hs@infoautor.de

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