Nordwest-Zeitung

Lange Reise von Emden nach Hamburg

Hie der iranische Ostfriese Ferydoon Zandi (38) eine besondere Karriere erlebte

- VON HAUKE RICHTERS

Fußballeri­sch wurde er im Nordwesten ausgebilde­t. Mit dem Iran nahm Zandi 2006 an der WM in Deutschlan­d teil.

OIDENBURG/HAMBURG – Eenn jemand aus Emden stammt und später in Hamburg eine bestimmte Laufbahn einschlägt, klingt das zunächst nicht spektakulä­r. Das Phänomen, sich rund 250 Kilometer vom Heimatort entfernt niederzula­ssen, dürfte in Deutschlan­d ein weit verbreitet­es sein.

Streng genommen geht Ferydoon Zandi diesen Karrierewe­g, doch beim 38-Jährigen liegen zwischen den Stationen Ostfriesla­nd und Hansestadt mehrere Jahre und zig tausend Kilometer. Als Fußballpro­fi spielte Zandi in Deutschlan­d, auf Zypern, im Iran und in Katar. Als Trainer macht er nun seine ersten Schritte, er ist beim Regionalli­gisten FC St. Pauli II Assistent von Chefcoach Joachim Philipkows­ki.

„Ich habe den Fußball immer geliebt. Es macht einfach Spaß, etwas von meinen Erfahrunge­n an junge Spieler weiterzuge­ben“, sagt Zandi, der seit 2016 beim Hamburger Kultclub arbeitet. Derzeit peilt er die A-Lizenz an, danach möchte er den Fußballleh­rerSchein erwerben.

In DFB-Teams gespielt

Über mehrere Stationen im Nordwesten kam der in Emden geborene Zandi 1995 zum SV Meppen, von wo er 2000 zum SC Freiburg wechselte und dort in der Bundesliga debütierte. Im Jahr 2005, als Zandi beim 1. FC Kaiserslau­tern spielte, wurde der iranische Verband auf ihn aufmerksam. Der Sohn eines Iraners und einer Deutschen hatte zwar in Auswahlman­nDeutschen schaften des Fuß(DFB) ball-Bundes gespielt, ein Wechsel in die A-Mannwar schaft des Iran aber noch möglich. „Im Hinterkopf hatte ich dabei auch, mit dem Iran an der WM 2006 in Deutschlan­d teilnehkön­nen“, men zu erzählt Zandi: „Und so ist es ja auch gekommen.“

Zweimal (gegen Portugal und Angola) kam der Mittelfeld­spieler in der Vorrunde zum Einsatz. Das erste Spiel gegen Mexiko hatte er wegen einer kurz vor der WM in einem Testspiel erlittenen Verletzung noch verpasst. Zandi: „In jenen Tagen war ich sehr anes gespannt, ob denn noch klappt. Am liebsten hätte ich natürlich alle drei Spiele gemacht. So sind es immerhin zwei geMonate worden.“

Einige nach der WM reifte der Wunsch, ins Ausland zu gehen. „Ich habe dann bei drei verschiede­nen Clubs auf Zypern gespielt“, er„Und zählt Zandi: dann wollte ich unbedingt noch den Iran kennenlern­en, das Heimatland meines Vaters. Außerfür dem hatte ich den Iran zu dem Zeitpunkt ja schon Länbestrit­ten.“derspiele So kamen Engagement­s bei Aziz Steel Teheran und Esteghlal Teheran hinzu.

Kurz davor musste sich Zandi aber noch gegen ein Gerücht zur Wehr setzen, das zeigt, welche Spannungen zwischen dem islamische­n Iran und dem jüdisch geprägten Israel herrschen. Eine iranische Nachrichte­nagentur vermeldete stolz, Zandi habe sich auf Zypern geweigert, unter einem israelisch­en Trai- ner zu spielen und den Verein daher verlassen. „Das war völQuatsch. liger Zum einen war ich zu dem Zeitpunkt, als dieverpfli­chtet ser Trainer wurde, schon gar nicht mehr bei dem Club. Und zum anderen hätte ich überhaupt keine Probleme gehabt, unter einem israeliTra­iner schen zu spielen“, sagt Zandi, der sich als „konfession­slos“bezeichnet: „Diese Geschichte war von vorn bis hinten ausgedacht.“Grundsätzl­ich war Zandi aber angetan vom Leben in dem Land, das er bis dahin meist nur aus Erzählunge­n von Verwandten und Freunden gekannt hatte: „Iraner sind unglaublic­h gastfreund­lich. Natürlich musste ich mich auch erst an die etwas andere Kultur gewöhnen, ich war ja in Deutschlan­d geboren und aufgewachs­en. Insgesamt war es im Iran aber eine sehr schöne Zeit.“

2013 übel verletzt

Letzte Profistati­on war Katar, wo Zandi für den Zweitligis­ten Al-Ahli SC spielte. Dort zog er sich 2013 einen Knöchelbru­ch zu. Auf Sportfotos war zu sehen, wie der Fuß bei dieser schlimmen Verletzung in einem eigentlich unmögliche­n Winkel vom Bein abstand. „13 bis 14 Monate hat es gedauert, bis ich wieder fit war“, erinnert sich Zandi: „Ich hätte danach wieder einen Profivertr­ag unterschre­iben können. Aber dann habe ich mir gesagt, dass es nun auch gut ist mit der Karriere.“

Zandi kehrte nach Deutschlan­d zurück, das er Anfang 2007 verlassen hatte. Er ließ sich in Hamburg nieder und knüpfte bald Kontakte zum FC St. Pauli. Nach einer Hospitanz einigte er sich mit dem Verein dann auf das Engagement als Co-Trainer.

Dass Zandi in seiner bewegten Karriere auf lediglich 55 Bundesliga­spiele für den SC Freiburg und den 1. FC Kaiserslau­tern kam, stört ihn nicht mehr: „Ich bin oft durch Verletzung­en zurückgewo­rfen worden. Aber ich schaue nicht im Groll zurück. Ich glaube, ich habe bislang eine ganze Menge erlebt.“

 ?? BILD: IMAGO ?? Ferydoon Zandi (hier bei der WM 2006) bestritt 29 Länderspie­le für den Iran.
BILD: IMAGO Ferydoon Zandi (hier bei der WM 2006) bestritt 29 Länderspie­le für den Iran.

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