Nordwest-Zeitung

ANGST in Oldenburg zu Unrecht geschürt

Aktuelle Fälle sorgen für Aufsehen – Zahlen sprechen aber für mehr Sicherheit

- VON MARC GESCHONKE

Jüngste Gewaltakte waren laut Polizei Beziehungs­taten. Es sei keine generelle Gefahr zu erkennen.

OLDENBURG – Raubüberfä­lle, tödliche Schüsse und brutale Schläge – sollte Oldenburg in einer kriminelle­n Abwärtsspi­rale stecken, wie in Sozialen Medien behauptet wird? Aus den Worten Thomas Webers, dem Leiter des Zentralen Kriminaldi­enstes am Friedhofsw­eg, lässt sich dies nicht herauslese­n. Im Gegenteil.

„Auch wenn wir in der jüngsten Vergangenh­eit tatsächlic­h eine Häufung dieser herausrage­nden Ereignisse zu verzeichne­n hatten, ist jedoch auch richtig, dass wir in den letzten Jahren trotz steigender Einwohnerz­ahlen in Oldenburg über 2000 Straftaten weniger registrier­en als noch zum Beispiel im Jahr 2007“, sagt er im -Gespräch.

Und: „Das bedeutet, dass die Wahrschein­lichkeit, Opfer einer Straftat zu werden, objektiv eher gesunken ist.“Weber meint damit die Gesamtheit aller Straftaten auf Oldenburge­r Boden – also neben schweren Delikten gegen das Leben auch „leichtere“Kriminalit­ät wie Betrug, Fälschung oder Fahrraddie­bstahl.

Zum Vergleich: Im Jahr 2007 wurden in der Stadt 17 095 Straftaten registrier­t, davon 8730 (51 Prozent) aufgeklärt. Ende 2016 waren es 14 816 Taten, in 55 Prozent aller Fälle konnten die Akten erfolgreic­h geschlosse­n werden.

Ja, mehr als im Vorjahr (14 598), aber eben auch im Langzeitve­rgleich deutlich weniger. Warum also weicht das Sicherheit­sgefühl hier so sehr von den blanken Zahlen ab? Ein Grund ist sicherlich im Internet zu finden. „Die schweren Straftaten in den letzten Wochen und die damit verbundene­n medialen Folgen in den sozialen Netzwerken haben natürlich einen Einfluss auf das subjektive Sicherheit­sgefühl in der Stadt“, sagt Weber. „Dass solche Taten zu Diskussion­en in der Öffentlich­keit und unter Umständen auch zu Ängsten führen, ist verständli­ch.“Über einen Fahrraddie­bstahl wird da kaum diskutiert, er bleibt nicht in der Erinnerung verankert. Die stete Konfrontat­ion mit selteneren schweren Taten aber – beispielsw­eise auf Facebook, übrigens erst seit 2008 in deutscher Version „online“– sorgt für eine gewisse Gruppendyn­amik, entspreche­nd eine gemeinscha­ftliche Angst. Was nun die Gewaltakte der vergangene­n Wochen betrifft, so handele es sich in nahezu allen Fällen um Beziehungs­taten – es gab frühere Kontakte zwischen Tätern und Opfern, also „eine Vorgeschic­hte zu der Tat“, so Weber – und damit keine Gefahr für Außenstehe­nde.

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