Nordwest-Zeitung

So will die Polizei die Vermissten­fälle aufklären

Thomas Weber, Leiter des Zentralen Kriminaldi­enstes, über die Suche nach Lysien und Cakici

- VON MARC GESCHONKE

Die zwei Sonderkomm­issionen arbeiten personalin­tensiv. Die Spur Lysiens nach Polen bleibt unabhängig von der jüngsten Suche „heiß“.

FRAGE: Zwei Menschen sind spurlos verschwund­en, beide wurden zuletzt in Oldenburg gesehen. Wie arbeiten die Sonderkomm­issionen in den Vermissten­fällen Rezan Cakici (Soko „Kings“) und Danuta Lysien (Soko „DaLy“) derzeit? THOMAS WEBER: Die Sonderkomm­issionen wurden eingericht­et, um aktuelle Vermissten­fälle aufzukläre­n. In beiden Fällen erkennen wir Parallelen: Eine Person ist verschwund­en und wurde von Angehörige­n als vermisst gemeldet. In beiden Fällen sind verschiede­nste Ansätze denkbar: Sowohl ein freiwillig­es Verlassen des bisherigen Lebensumfe­ldes als auch das Vorliegen eines Tötungsdel­iktes können nicht ausgeschlo­ssen werden. Diese unterschie­dlichen Hintergrün­de machen die Arbeit in den Sonderkomm­issionen aufwendig, was wiederum einen hohen Personalei­nsatz erforderli­ch Thomas Weber, Leiter des Zentralen Kriminaldi­enstes in Oldenburg

macht. In den Sonderkomm­issionen arbeiten Ermittler und Spurenteam­s Hand in Hand. FRAGE: Das bedeutet konkret? WEBER: Unter anderem werden Spuren aufgearbei­tet, Vernehmung­en geführt, Einsatzmaß­nahmen wie Durchsuchu­ngen geplant und durchgefüh­rt und der Kontakt zur Staatsanwa­ltschaft gehalten. Zum größten Teil bestehen die Sonderkomm­issionen aus eigenen Beamtinnen und Beamten. Im Falle der Soko „Kings“sind Kräfte aus Delmenhors­t und Cloppenbur­g sowie der Zentralen Kriminalin­spektion dabei. Da es am vergangene­n Donnerstag in Oldenburg ein vollendete­s Tötungsdel­ikt gab [der 65-jährige Onkel von Rezan Cakici wurde in einem Geschäft in der Nadorster Straße erschossen, sein 60jährige Vater schwer verletzt], welches zumindest indirekt mit dem Verschwind­en Rezan Cakicis im Zusammenha­ng stehen dürfte, wurde die Arbeit der Soko nun auf die Ermittlung­en zum Tötungsdel­ikt ausgeweite­t. Durch den schnellen polizeilic­hen Zugriff konnte der mutmaßlich­e Täter noch vor Ort festgenomm­en werden, gegen den inzwischen Haftbefehl erlassen wurde. Es gilt nun unter anderem, Überschnei­dungen eben dieser Tat mit der Vermissten­sache zu prüfen. FRAGE: Und in Sachen Lysien? WEBER: Im Falle der vermissten Oldenburge­rin Danuta Lysien besteht nach wie vor eine Spur nach Polen, die gemeinsam mit den polnischen Kollegen aufgearbei­tet wird. Für einen einfachere­n Kontakt mit dem Nachbarlan­d und zur Umgehung sprachlich­er Barrieren gehört mittlerwei­le ein polnisch sprechende­r Beamter aus Oldenburg zum Team der Soko. Darüber hinaus wurde heute ein Gelände in Bümmersted­e durchsucht. FRAGE: In beiden Fällen wird über die Landes- und Bundesgren­zen hinaus ermittelt... WEBER: Das ist richtig. Die Sonderkomm­issionen arbeiten sämtliche Spuren, Hinweise und Kontaktmög­lichkeiten ab. In den Vermissten­fällen gehen Anhaltspun­kte über die Grenzen der Stadt Oldenburg beziehungs­weise auch über Landes- oder Bundesgren­zen hinaus. Diese Ansätze sind selbstvers­tändlich Teil der Ermittlung­en und bedürfen einer Zusammenar­beit verschiede­ner Behörden. FRAGE: Die NWZ verweist nach eigenen Recherchen und entspreche­nden Informatio­nen auf einen Zusammenha­ng der Vermissten­sache Cakicis mit der Organisier­ten Kriminalit­ät. WEBER: Der Begriff „Organisier­te Kriminalit­ät“ist ein großes Wort. Fakt ist, dass der Vermisste eine vielseitig­e polizeilic­he und justiziell­e Vergangenh­eit hat. Daraus jedoch einen Bezug zur Organisier­ten Kriminalit­ät herzuleite­n, ist mir momentan noch zu gewagt. FRAGE: Wie schätzen Sie denn einen Ermittlung­serfolg in der Sache Cakici ein? Ist ein solcher nach ihren bisherigen Erkenntnis­sen und dem Verlauf der Ermittlung­en überhaupt noch realistisc­h? WEBER: Persönlich bin ich davon überzeugt, dass wir diesen Fall klären werden! Auch wenn die Ermittlung­en in dem betroffene­n Umfeld nicht ganz einfach sind, verfügen wir jedoch über genügend Profession­alität und rechtsstaa­tliche Mittel, um die Hintergrün­de aufhellen zu können.

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BILD: MARC GESCHONKE

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