Nordwest-Zeitung

„Die schlimmste­n Tage meines Lebens“

- VON GEORG ISMAR

FRIEDRICHS­HAFEN/FORTALEZA ) Es waren Tage voller Angst und Anspannung: Am 13. Oktober 1977 kapern vier Palästinen­ser das Flugzeug „Landshut“mit 91 Menschen an Bord. Die Terroriste­n handeln in Absprache mit der linksterro­ristischen Rote Armee Fraktion (RAF). Mit der Entführung der Lufthansa-Maschine soll der Druck für eine Freilassun­g der in Stuttgart-Stammheim inhaftiert­en RAF-Terroriste­n erhöht werden. Fünf Tage dauert es, bis die Anti-Terror-Einheit GSG 9 die Maschine

stürmt und die Geiseln befreit – drei Terroriste­n werden dabei getötet. 40 Jahre später soll das Flugzeug jetzt als Symbol der Nachkriegs­geschichte am Bodensee eine neue Heimat finden.

Den damaligen Insassen macht die Erinnerung an die

„Landshut“bis heute zu schaffen. „In der Maschine habe ich die schlimmste­n Tage meines Lebens verbracht“, sagt am Donnerstag Jürgen Vietor, der Co-Pilot der Maschine. Er musste das Flugzeug weiterflie­gen, nachdem der Flugkapitä­n Jürgen Schumann im Jemen von den Terroriste­n erschossen worden war. Schon sechs Wochen nach der Befreiung am 18. Oktober 1977 saß Vietor wieder im Cockpit. Dabei steuerte er nicht irgendeine Maschine, sondern wieder die „Landshut“. „Ich hab so getan, als hätte es die nicht gegeben, die Entführung“, sagt der 75-Jährige. Bis zu seinem Ruhestand 1999 arbeitete er weiter als Pilot für die Lufthansa.

Diana Müll war bei der Entführung 19 Jahre alt. Über die Erlebnisse zu sprechen, falle ihr bis heute schwer, erzählt sie. Neun Jahre habe sie nach dem Geiseldram­a kein Flugzeug mehr betreten können. Bis heute schlucke sie vor langen Flügen Beruhigung­smittel. „Die Geschichte haftet an mir, bis an mein Lebensende.“

Bald macht sich Müll auf den Weg zum brasiliani­schen Flughafen Fortaleza. Dort steht die „Landshut“- eingezwäng­t neben vier anderen ausrangier­ten Maschinen, in einem abgelegene­n Teil des Flughafens Fortaleza auf dem „Cemitério“, dem FlugzeugFr­iedhof.

Außenminis­ter Sigmar Gabriel (SPD) forcierte den Kauf des gesamten Flugzeugs. Ende Mai wurde der Vertrag mit dem bisherigen staatliche­n Flughafenb­etreiber Infraero geschlosse­n, das Auswärtige Amt erwarb die „Landshut“Berichten zufolge für 75 936 Reais (20 620 Euro). Insgesamt können Demontage, Transport per Frachtmasc­hine, Zusammenba­u und Modernisie­rung bis zu zwei Millionen kosten. Am 18. Oktober 2017 soll die „Landshut“an ihrem neuen Standort im Dornier-Museum in Friedrichs­hafen stehen – pünktlich zum 40. Jahrestag der Befreiung der Maschine.

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DPA-BILD: SEEGER Diana Müller, Passagieri­n in der entführten „Landshut“, und der damalige Co-Pilot Jürgen Vietor

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