Nordwest-Zeitung

Schwarzer Tag für Rot/Grün

Hinterbänk­lerin kippt Regierung – Niedersach­sen steht vor Neuwahlen

- VON GUNARS REICHENBAC­HS, BÜRO HANNOVER

Verrat, Skandal, Intrige: Nach dem Wechsel der Grünen Elke Twesten zur CDU schäumt Rot/Grün.

HANNOVER – Schwarzer Freitag für die rot-grüne Koalition in Niedersach­sen: Durch den Übertritt der Grünen-Abgeordnet­en Elke Twesten (54, Scheeßel) zur CDU verliert die Regierung von Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) ihre Mehrheit im Landtag. Weil forderte noch am Freitagnac­hmittag möglichst rasche Neuwahlen in Niedersach­sen. Dazu werde es einen Antrag im Landtag „zur Selbstaufl­ösung“geben, sagte der Ministerpr­äsident, der scharfe Kritik an dem Übertritt übte. Ein Wechsel aus „eigennützi­gen Gründen“sei „unsäglich und schädlich für die Demokratie“. Und wenn die CDU bei diesem Spiel mitmache, setze sie sich dem gleichen Vorwurf aus. Weil erklärte: „Ich werde einer Intrige nicht weichen!“

Auch die Grünen-Spitze zeigte sich vollkommen überrascht und „tief enttäuscht“. Sowohl Fraktionsc­hefin Anja Piel wie auch Parteichef­in Meta Janssen-Kucz forderten Twesten auf, ihr Mandat zurückzuge­ben, damit ein Grüner nachrücken könne.

Twesten, die ihr Mandat behalten will und neues Mitglied der CDU-Fraktion wird, ließ die Bombe am Freitagvor­mittag in einer kurzen Mitteilung an Piel platzen. Nach 20 Jahren Mitgliedsc­haft bei den Grünen sehe sie „keine politische Zukunft mehr in dieser Partei“, sagte Twesten. Sie nannte sich eine „bekennende Anhängerin von Schwarz/ Grün“. Die eher unauffälli­ge frauenpoli­tische Sprecherin hatte sich nur mit CDU-Fraktionsc­hef Björn Thümler (Berne) und CDU-Spitzenkan­didat Bernd Althusmann beraten, aber niemanden bei den Grünen eingeweiht. Thümler wusste von dem Wechselwun­sch seit dem Frühjahr. Aber erst als Twesten vor wenigen Tagen beim Kampf um eine Direktkand­idatur in Rotenburg/Wümme gegen eine eher unbekannte Grüne verlor, fiel bei ihr wohl die Entscheidu­ng. Thümler und Althusmann wurden am Dienstag beziehungs­weise Donnerstag informiert.

Althusmann nannte Twesten eine „leidenscha­ftliche Abgeordnet­e, die sich bald in der CDU wohlfühlen wird“. Der Vorgang offenbare, dass Ministerpr­äsident Weil und Rot/Grün „an sich selbst gedes scheitert“seien. Das Heft Handelns liege jetzt bei Weil. Ein Misstrauen­svotum gegen Weil mit ihm als Gegenkandi­dat ließ der CDU-Chef offen.

Thümler fordert, „die Entscheidu­ng über die Zusammense­tzung des Landtags so schnell wie möglich in die Hände der Bürger“zu legen. Weil plädiert für einen Neuwahlter­min am 24. September, dem Tag der Bundestags­wahl.

 ?? DPA-BILD: HOLLEMANN ?? Gemeinsam vor die Presse: Elke Twesten und CDUFraktio­nschef Björn Thümler
DPA-BILD: HOLLEMANN Gemeinsam vor die Presse: Elke Twesten und CDUFraktio­nschef Björn Thümler

Newspapers in German

Newspapers from Germany