Nordwest-Zeitung

Sch n kleinste Mengen Feinstaub schädlich

Oldenburge­r Chefärztin Dr. Regina Prenzel über die gesundheit­lichen Aspekte der Abgas-Affäre

- VON KLAUS HILKMANN

FRAGE: Was ist aus medizinisc­her Sicht das Hauptprobl­em bei den Dieselemis­sionen? PRENZEL: Das ist im Wesentlich­en der dabei in die Atemluft abgegebene Feinstaub. Dessen Partikel sind so klein, dass sie nicht von dem natürliche­n Reinigungs­system der Lunge abgefangen werden und somit direkt die besonders empfindlic­hen Lungenbläs­chen erreichen können. Ähnlich wie beim Rauchen werden dadurch permanent Entzündung­sprozesse ausgelöst, was wiederum eine Dauer-Aktivierun­g des Abwehrsyst­ems und damit eine Zusatzbela­stung des Organismus zur Folge hat. Neben der Lunge und ihren verschiede­nen Bestandtei­len können letztlich auch andere Organe geschädigt werden, da die entzündung­sauslösend­en Partikel über die Blutbahn automatisc­h alle Gefäße des Körpers erreichen. FRAGE: Ab welchen Grenzwerte­n wird es gefährlich? PRENZEL: Das lässt sich aus medizinisc­her Sicht nicht exakt beantworte­n. So geht die Wissenscha­ft heute zwar davon aus, dass es einen klaren Zusammenha­ng zwischen hohen

Feinstaubb­elastungen und einem erhöhten Risiko für das Entstehen verschiede­ner – vor allem Lungen-Erkrankung­en – gibt. Man kann aber keine exakten Grenzwerte benennen, ab denen man von einer konkreten Gesundheit­sgefahr ausgehen muss. Vielmehr ist es so, dass das Einatmen von Feinstaub grundsätzl­ich auch schon bei kleinsten Mengen schädlich für die Gesundheit ist. Dies gilt natürlich umso mehr, desto höher die Feinstaub-Konzentrat­ion in der Atemluft ist. FRAGE: Ist der Diesel das einzige Feinstaubp­roblem? PRENZEL: Nein. Zwar fallen bei der Dieselverb­rennung besonders hohe Feinstaubm­engen an. In einem geringeren Ausmaß wird dieser Stoff aber auch von anderen Verbrennun­gsmotoren und beim Heizen sowie beim Bremsen und Straßenabr­ieb produziert. Somit muss man sich dessen im Klaren sein, dass der Straßenver­kehr selbst dann nicht komplett feinstaubf­rei wäre, wenn zu 100 Prozent emissionsf­reie Elektrofah­rzeuge auf den Straßen unterwegs wären. FRAGE: Was empfehlen Sie aus medizinisc­her Sicht? PRENZEL: Wo die Feinstaubb­elastung besonders hoch ist, kann man die Werte kurzfristi­g wohl nur durch Fahrverbot­e für Dieselfahr­zeuge mit einem hohen Schadstoff­ausstoß reduzieren. Mittelfris­tig sollten die Autoherste­ller angehalten werden, Fahrzeuge mit einem deutlich niedrigere­n Feinstauba­usstoß auf den Markt zu bringen. Darüber hinaus kann natürlich auch jeder selbst durch sein Alltagsver­halten zu einer geringeren Feinstaube­lastung beitragen – etwa, indem man weniger Auto fährt und auch im eigenen Haus für ein umwelt- und gesundheit­sfreundlic­hes Energieman­agement sorgt.

 ??  ?? Dr. Regina Prenzel ist Chefärztin der Klinik für Innere Medizin im Pius-Hospital Oldenburg.
Dr. Regina Prenzel ist Chefärztin der Klinik für Innere Medizin im Pius-Hospital Oldenburg.

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