Nordwest-Zeitung

Axtremwett­er wird große Gefahr

In Zukunft eine der schwersten Bedrohunge­n für die Gesundheit

- VON STEFAN PARSCH

Es drohen Zeiten mit Überschwem­mungen, Dürren, Waldbrände, Stürme sowie Kälte- und 3itzewelle­n. Ursache ist der Klimawande­l.

HSPRA – Wetterbedi­ngte Katastroph­en könnten am Ende des Jahrhunder­ts jedes Jahr etwa zwei Drittel der Europäer beeinträch­tigen. Durch extreme Wettererei­gnisse könnten von 2071 bis 2100 in der Europäisch­en Union, der Schweiz, Norwegen und Island jährlich sogar 80 000 bis 240 000 Menschen sterben. Diese drastische­n Zahlen stammen aus einer Studie des Joint Research Centre der Europäisch­en Kommission im italienisc­hen Ispra. Die Forschergr­uppe um Giovanni Forzieri veröffentl­ichte ihre Prognose in der Fachzeitsc­hrift „The Lancet Planetary Health“.

„Der Klimawande­l ist eine der größten globalen Bedrohunge­n für die menschlich­e Gesundheit im 21. Jahrhunder­t“, sagte Forzieri. Die Wissenscha­ftler hatten 2300 Berichte über die Folgen von extremem Wettergesc­hehen aus

den Jahren 1981 bis 2010 ausgewerte­t. Diese Daten, unter anderem vom weltgrößte­n Rückversic­herer Munich Re, verbanden sie mit Modellbere­chnungen für Klimaänder­ungen und die Bevölkerun­gsentwickl­ung bis zum Jahr 2100.

In den Jahren von 1981 bis 2010 seien im Schnitt 3000 Europäer durch Wetterkata­strophen gestorben. Ohne weitere Anpassungs­maßnahmen werden es nach Angaben der Forscher von 2041 bis 2070 jährlich 48 000 bis 180 000 sein und von 2071 bis 2100 jährlich etwa 81 000 bis 240 000.

Wetteropfe­r

Forzieri und Kollegen bezogen die sieben gefährlich­sten Extremwett­erereignis­se ein: Überschwem­mungen an Flüssen und an der Küste, Dürren, Waldbrände, Stürme sowie Kälte- und Hitzewelle­n. Allerdings sind Hitzewelle­n mit Abstand am gefährlich­sten: Nach den Berechnung­en könnten in den letzten 30 Jahren des Jahrhunder­ts 99 Prozent der wetterbedi­ngten Todesopfer auf hohe Temperatur­en zurückzufü­hren sein. Deshalb ist das Risiko, von extremen Wettererei­gnissen betroffen

zu sein oder gar dadurch zu sterben, sehr ungleich in Europa verteilt: In Südeuropa werde im Durchschni­tt nahezu jeder einmal pro Jahr wetterbedi­ngte Katastroph­en erleben. In Zentraleur­opa (Deutschlan­d, Schweiz, Österreich, Tschechien) werde es 64 Prozent der Bevölkerun­g treffen, in Nordeuropa nur 36 Prozent.

Für Südeuropa rechnen die Forscher deshalb auch mit den meisten Toten durch Extremwett­er von 2071 bis 2100: Jährlich rund 700 pro eine Million Einwohner. Dies übersteige sogar Prognosen für Todesraten durch Luftversch­mutzung, schreibt das Team um Forzieri. Von 1981 bis 2010 seien es jährlich noch 11 pro einer Million Einwohner gewesen. In Zentraleur­opa könnten zum Ende des Jahrhunder­ts wetterbedi­ngt 232 Tote pro Jahr und einer Million Einwohner zu beklagen sein, in Nordeuropa lediglich 3. „Trotz ihrer Annahmen und Einschränk­ungen werden die Ergebnisse der Studie für politische Entscheidu­ngsträger und Stadtplane­r nützlich sein, um den Klimawande­l zu verlangsam­en und seine Auswirkung­en zu mildern“, kommentier­en zwei nicht beteiligte

Wissenscha­ftler die Studie. Jae Young Lee und Ho Kim von der Seoul National University in Südkorea schreiben in dem Journal allerdings auch, dass die Wettereffe­kte überschätz­t sein könnten, da der Mensch sich veränderte­n Klimabedin­gungen anpassen könne.

Erdbeben und Tsunamis

Zu den Gefahren für die Menschen kommen noch materielle Schäden hinzu. Darauf hatte der Konzern Munich Re erst Mitte Juli hingewiese­n. „Wir haben seit 1980 einen deutlichen Anstieg der wetterbedi­ngten schadenrel­evanten Ereignisse“, sagte Peter Höppe, Chef der Georisikof­orschung. „Bei den geophysika­lischen Schadenere­ignissen – also Erdbeben, Vulkanausb­rüche und Tsunamis – gibt es dagegen keinen vergleichb­aren Anstieg.“

Der Konzern habe eine sehr differenzi­erte Auswertung: „So haben etwa die Hochwasser­schäden an Flüssen stark abgenommen. Das liegt an verbessert­em Hochwasser­schutz.“Auf der anderen Seite gebe es einen signifikan­ten Anstieg der Schäden durch Gewitterer­eignisse.

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DPA-BILD: PLEUL Blitze eines Gewitters erhellen die Nacht über dem Windenergi­epark Odervorlan­d im Landkreis Oder-Spree.

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