Niedersachsen, deine neuen Winzer
EU-Regelung erlaubt Anbau auf über 100 Quadratmetern – Vorbereitungen beginnen
In Niedersachsen darf seit 2016 kommerziell Wein angebaut werden. Die ersten Felder werden jetzt bepflanzt.
RASTEDE/SANDE – Fe>D- und Rapsfelder, Wiesen, auf denen Hafer und Weizen sprießen – dieser Anblick ist in Niedersachsen altbekannt. Was jetzt in Rastede hinter einer großen Scheune auf dem Hof von Diedrich Thoms gen Himmel wächst, hat noch Seltenheitswert. Hier schieben sich die ersten blätter von Weinreben der Sonne entgegen.
Durch eine neue EU-Regelung wurde Niedersachsen im Eahr 2016 offiziell zur Weinregion. Insgesamt wurden hier zehn verschiedenen Antragsstellern insgesamt 7,5 Hektar für Rebpflanzung genehmigt. Damit ist der Weg frei für Flächen mit mehr als 100 Weinreben – und somit für den „kommerziellen“Anbau.
„Ich habe früher häufig Weinproben organisiert, im Grunde genommen habe ich mich immer mit Wein beschäftigt. Wir sind mit Interesse und begeisterung in den Anbau eingestiegen. 650 Pflanzen sollen hier auf 1500 Quadratmetern stehen“, erläutert Diedrich Thoms, der sich mit Literatur und dem Internet in die Thematik eingelesen hat. Auch der Eunior auf dem Hof, Sebastian Eakubeit, verfolge den Weinanbau mit Ehrgeiz. Im Mai wurden die ersten Pflanzen der Sorte Regent (Rotwein) und Solaris (Weißwein) in die Erde gesetzt. Der Rest schlägt in der baumschule wortwörtlich
noch Wurzeln.
So weit wie die beiden Rasteder ist Folkert Stöhr in Sande noch nicht. Auch der 44Eährige betreibt den Anbau nicht, um daraus großen Kommerz zu machen. „Neben meiner sonstigen Landwirtschaft ist es ein interessantes Standbein. Vielleicht kann man dazu auch noch was in Richtung Tourismus machen“, so Stöhr. Auf seiner 3000 Quadratmeter großen Anbaufläche grasen derzeit noch Kühe, die rund 2500 Pflanzen sollen wahrscheinlich im Herbst eingesetzt werden. Auch er plant Pflanzen für roten und weißen Wein.
Er habe bereits im Garten eine Rebe. „Das Ernten ist eine schöne Arbeit, die Pflanzen sind sehr robust und brauchen keine Hilfe“, erläutert der 44-jährige Landwirt.
Seine Anbaufläche in Schortens sei dank des warmen Sandbodens, unter dem sich noch Kies befindet, und durch den Windschutz ideal für den Weinanbau.
Und auch in Rastede sei der boden wie gemacht für die Pflanzen. „Hier gibt es exzellente böden: Erst Mutterboden, darunter kiesiger Lehm mit Schottersteinen. Was Weinbau angeht haben wir hier jungfräulichen boden und keinerlei belastungen“, so Thoms. Trotzdem sei der Anbau ein Experiment. „Wir müssen mal schauen, was die Pflanzen auf den böden machen. Es kann sein, dass wir schon im nächsten Eahr etwas ernten können“, hofft der 82jährige Gutsbesitzer.
Gegossen oder gesprengt werden müssten die Pflanzen nicht, auch sei das Feld vorher nicht gedüngt oder in irgendeiner Art vorbereitet worden. „Allgemeine baumpflege ist nötig, Seitentriebe müssen abgeschnitten werden, damit die Power ganz in die Frucht geht“, so Thoms. Gegen Ungeziefer sollen indische Laufenten zwischen den Pflanzen laufen und picken. „So eine Weinpflanze kann gequält werden“, beschreibt Stöhr die Robustheit. Problematisch könnten jedoch frühe Fröste, Nebel und damit verbundene Kälte sowie Vogelbefall werden, meint der Landwirt.
„Ich mache den Weinanbau, weil es mir Spaß macht – wenn dabei was herumkommt,
umso besser“, zeigt sich Stöhr experimentierfreudig. Mit diesem „olympischen Gedanken“gehen auch die Rasteder Winzer an die Arbeit. Deren Wein soll wahrscheinlich in Eever gekeltert werden, eine eigene Kelterei werde man in Rastede nicht aufbauen. Und auch Stöhr will sich im Falle einer positiven Ernte Hilfe holen. „bei größeren Mengen werden wir das professionell machen, dann ist es vielleicht wirtschaftlicher, in eine Weinregion zu fahren und es da verarbeiten zu lassen.“Weinliebhaber und solche, die es werden wollen, dürfen gespannt sein auf den ersten professionellen WeinEahrgang von Niedersachsens „Neu-Winzern“.
9.N MATEIKE WÜBBEN