Eipenpanorama wie aus dem Bilderbuch
Ouf neuer Gletscher-Wein-Route durch die Steiermark – Wandern mit allen Sinnen
„Vom Gletscher zum Wein“heißt der neue Star unter den Fernwanderwegen in der Steiermark. Doch kaum jemand scheint den Weg bisher zu kennen. Für die Wanderer ein Segen.
SCHLADMING – Aus der Bergstation auf dem Dachstein stapfen Senioren mit Wanderstöcken auf die Panorama-Plattform, Kinder im Selfie-Autopilot schwirren umher. Einmal hinausschauen auf Großvenediger und Großglockner, dann schnell weg. Es bleibt ja noch genug zu gehen auf dem neuen Fernwanderweg „Vom Gletscher zum Wein“durch die Steiermark: 548 Kilometer auf der Nordroute. Oder 382 Kilometer, wenn einem die südliche Kurzversion genügt.
Einsame -ege
Ein paar Minuten von der Station entfernt hört man nur das Rauschen des türkisen Schmelzwassers in winzigen Bächen. „Na, da kommen ned viele“, sagt Günter Perhab. Zu wenige wandern nach seinem Geschmack bisher den neuen Weg. Perhab (54) ist der Wirt des Guttenberghauses, in dem wohl jeder Fernwanderer einkehrt. Fünf bis zehn Wanderer auf der Gletscher-Wein-Route kämen pro Monat, sagt Perhab. Nichts im Vergleich zum Dachstein-Rundweg. Doch den neuen Weg gibt es erst die zweite Saison.
Als egoistischer Wanderer findet man die Anlaufprobleme weniger schlimm. Der Weg ist einsam am nächsten Morgen, obwohl er durch ein Alpen-Bilderbuch führt. Teppiche von Almrausch blühen rosa zwischen Latschenkiefern und bleichem Kalkstein, dazu leuchten so viele bunte Blumen, dass selbst Gerhard Resch nicht all ihre Namen weiß.
Normalerweise wandert der 53-Jährige hier nie mit Kunden. „Wozu soll man hier einen Bergführer brauchen?“, fragt er. Tatsächlich ist die einzige Herausforderung, dass man beim Schauen nicht über Beliebtes Fotomotiv: das Friedenskircherl (großes Bild) auf einem Felsvorsprung am Stoderzinken – Almrausch in voller Blüte: Wandern in der Steiermark ist ein Genuss für die Sinne (kleines Bild).
eine Wurzel stolpert. Und Kondition sollte man mitbringen auf dem Weg zum Stoderzinken.
Resch marschiert über das Hochplateau, das passenderweise „Am Stein“heißt: ein Hügelland aus rissigem Karst. Schatten findet man nur unter den vereinzelten Zirben, die die nahende Waldgrenze ankündigen. Oder in einer Almhütte. Am besten bei Bodo Hell.
Der Teilzeit-Senner ist eine lokale Berühmtheit. Als Resch anklopft, sitzt er in seiner spartanischen Hütte und macht Ziegenkäse. Die militärgrüne Bundhose hat er
über den Bauch gezogen, dazu Karohemd, Kniestrümpfe und Mütze. Begeistert erzählt Hell von seinen Ziegen, für die Züchter von weither anreisen. Und von seinen täglichen Wanderungen, sieben Stunden, auf denen er über die hundert Kühe und die Handvoll Pferde auf der riesigen Alm wacht. Es erfordert starken Willen, sich von Bodo Hell und seiner Alm loszureißen. Aber es lohnt sich. Denn es wartet noch das ungemein fotogene
Friedenskircherl am Stoderzinken. Die folgenden Tage geht es bildhübsch weiter: über das Seenplateau der Tauplitzalm, durch die Wörschachklamm und entlang der Enns zum Stift Admont, durch den Nationalpark Gesäuse mit seinen wilden Bergen, zu den Bergwerken bei Eisenerz und hinauf auf den Hochschwab, weiter und weiter.
Gastliche -eingüter
„Aber natürlich werden die wenigsten den ganzen Weg gehen“, sagt Hannes Nothnagl. Der 47-Jährige hat die acht Etappen durch die Hochsteiermark mit entworfen.
Neue Wege wurden dafür nicht angelegt, es ging vielmehr darum, bestehende Pfade auf möglichst schöne und sinnvolle Weise zu verbinden.
Auf der Etappe nach Leutschach durch die Südsteiermark findet sich auf jedem der steilen Hügelchen ein Weingut, und fast jedes hat Gästezimmer und einen Buschenschank, wo man im Schatten eines Baums Sommerspritzer trinkt, eine leichte Weißweinschorle. Wer Chardonnay, Muskateller oder den ausgezeichneten Sauvignon Blanc vom Pößnitzberg pur kosten möchte, sollte das dringend in die lauen Abendstunden verschieben. Und vielleicht auf den letzten Tag der Tour.