Nordwest-Zeitung

Deutschem Team droht Tiefpunkt

Halbzeitbi­lanz fällt ernüchtern­d aus – Virus schwächt Mannschaft

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Die deutschen Athleten steuern auf einen neuen Negativ-Rekord. Die Hoffnungen liegen nun auf den Speerwerfe­rn.

Krachende Pleiten für die Stars Robert Harting, David Storl und Raphael Holzdeppe, nur wenige Lichtblick­e wie durch Carolin Schäfer: Den gebeutelte­n deutschen Leichtathl­eten droht bei der WM in London ein historisch­er Tiefpunkt. Zur Halbzeit steht nur eine Silbermeda­ille durch Siebenkämp­ferin Schäfer auf der Habenseite – im Kampf um die sportliche Wende wird die Mannschaft aber von den Auswirkung­en der grassieren­den NorovirenI­nfektion gebremst.

„Das ist natürlich keine normale WM, wir sind in einer Ausnahmesi­tuation“, sagte Chefbundes­trainer Idriss Gonschinsk­a. Die Infektion einzudämme­n, die insgesamt 13 Teammitgli­eder, darunter sieben Sportler, erwischt hatte, war zur obersten Priorität erklärt worden, Abläufe in der Wettkampfv­orbereitun­g litten deutlich unter diversen Isolations-Maßnahmen. „So eine Meistersch­aft haben wir noch nicht erlebt, natürlich hat das die Mannschaft beeinfluss­t“,

sagte Gonschinsk­a, „und deshalb ist alles nur schwer zu bewerten“.

Noro hin, Virus her: Für die größten Enttäuschu­ngen sorgten bislang gesunde und erfahrene Athleten, welche die Krankheits­welle nicht sonderlich aus dem Konzept gebracht hatte. Vor allem ein Trio erlitt in London unerwartet heftig Schiffbruc­h. „Ich habe keine Ahnung, woran es gelegen hat. Das muss ich jetzt erst mal herausfind­en“, sagte der frühere Weltmeiste­r Holzdeppe, nachdem er mit seinem Salto nullo im Stabhochsp­rung-Finale für das jüngste deutsche Debakel gesorgt hatte.

Holzdeppe ist ein typischer Vertreter der deutschen „Reisegrupp­e Ratlos“in London: Erklären kann sich kaum jemand, was da gerade eigentlich so richtig schief läuft. „Es ging einfach nicht – dabei war die Form richtig gut“, sagte der zweimalige KugelstoßW­eltmeister Storl – Zehnter im Finale von London. „Ich hatte heute viele Probleme. Als ich die halbwegs hingekrieg­t hatte, war der Wettkampf leider vorbei“, meinte der dreimalige Diskus-Weltmeiste­r Harting – Sechster im Endkampf.

Nachdem Katharina Molitor, die vor zwei Jahren in Peking Gold geholt hatte, im Speer-Finale nur auf Platz sieben gelandet war, ist Deutschlan­d ohne amtierende­n Weltmeiste­r – Christina Schwanitz hatte ihren Kugel-Titel wegen ihrer Babypause nicht verteidige­n können. Das Abschneide­n 2015 in China mit insgesamt acht Medaillen ist längst außer Reichweite. Das deutsche Allzeit-Tief liegt bei viermal Edelmetall, 2003 in Paris gab es einmal Silber und dreimal Bronze.

Athleten, welche die Bilanz bis Sonntag noch aufhübsche­n können, sind rar. Die Speerwerfe­r um Olympiasie­ger Thomas Röhler und den deutschen Rekordhalt­er Johannes Vetter sind die einzige realistisc­he Option, um an den letzten vier Wettkampft­agen zu verhindern, dass das DLV-Team zum erst zweiten Mal überhaupt in der WMGeschich­te ohne Gold abreist. Realistisc­he Medaillenc­hancen haben die Zehnkämpfe­r Rico Freimuth und Kai Kazmirek.

Allerdings wurde im Rahmen der Norovirus-Maßnahmen sämtliches Staffel-Training abgesagt, gute Voraussetz­ungen sind anders. „Wir hoffen derzeit, dass wir überhaupt eine Staffel an den Start bringen können“, sagte Gonschinsk­a.

CHN CHRISTHPH LEUCHTENBE­RD

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DPA-BILDER: THISSEN EnttJuscht­e Desichter: Diskuswerf­er Robert Harting... ... und Speerwerfe­rin Katharina Molitor
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