Nordwest-Zeitung

VfB im Konzert der ganz Großen

Buchautor widmet „Hölle des Nordens“mehrere Seiten – Wehmütiger Blick zurück

- VON THOMAS HUSMANN

Autor Klaus-Hendrik Mester ist „Groundhopp­er“. Den modernen Fußball sieht er kritisch.

OLDENBURG – Der DfB Oldenburg spielt im Konzert der ganz Großen mit – zwar nicht fußballeri­sch, aber mit seinem ehemaligen Stadion an der Donnerschw­eer Straße hat es der legendäre VfB-Platz „auf dem Donnerschw­ee“geschafft, in einer Reihe mit dem Westfalens­tadion in Dortmund, dem Parkstadio­n in Gelsenkirc­hen oder dem Bökelbergs­tadion in Mönchengla­dbach genannt zu werden. In seinem Buch „Vom Stadion zur Arena“ist Autor Klaus-Hendrik Mester der VfB-Platz sogar mehr als eine Erwähnung wert. Über etwas mehr als sieben Seiten schildert er die Geschichte des Platzes mit seinen Höhen und Tiefen, die der VfB dort erlebte. Zeitzeugen kommen zu Wort wie etwa Horst Hollmann, ehemaliger Sportchef in der Ð-Redaktion, der über Jahrzehnte hinweg das Treiben auf und neben dem Platz kritisch verfolgte.

Mester schreibt: Am 16. Juni 1991 verlor der Verein seine Seele. Ein letztes Mal empfing die Elf des VfB Oldenburg einen Gegner im Stadion Donnerschw­ee. Nach diesem Ereignis verfiel die einstige „Hölle des Nordens“von Tag zu Tag mehr. 2008 verschwand das Stadion für immer. Heute breitet sich ein Supermarkt auf dem ehemaligen Spielfeld aus. Auf den ersten Blick erinnert nichts mehr an die einst von gegnerisch­en Mannschaft­en gefürchtet­e Spielstätt­e. Wenn die Zuschauer erst einmal in Fahrt kamen, entfachten sie im engen Stadion eine einzigarti­ge Stimmung. Einzig ein Gedenkstei­n vor dem Stadtteilz­entrum Donnerschw­ee erinnert etwas pathetisch an längst vergessene Zeiten: „Hier auf dem Donnerschw­ee war einst der VfB-Platz, als „Hölle des Nordens“ein Fußball-Stadion mit Seele“ist darauf zu lesen.

Was machte das Stadion so Da gab es noch eine Ligusterhe­cke am Spielfeldr­and: Der VfB-Platz war mit seiner einzigarti­gen Stimmung gefürchtet. Die „Hölle des Nordens“ist längst erloschen.

besonders? Wann wurde die Atmosphäre zur Hölle? Welche Seele ist gemeint? Diese Fragen könnten Zeitzeugen beantworte­n, die sich in früheren Jahrzehnte­n im sagenumwob­enen Stadion tummelten.

„Das ist ja gar nichts hier. Völlig langweilig“, grantelte Uwe Klimaschef­ski. Der Trainer von Blau-Weiß 90 Berlin leitete mit diesen Worten die Pressekonf­erenz nach dem Zweitligas­piel beim VfB Oldenburg ein. Er musste einfach sofort seine Verwunderu­ng über die merkwürdig­e Atmosphäre im Marschwegs­tadion in Oldenburg zum Ausdruck bringen. Denn bisher rutschten die Spieler der gegnerisch­en Mannschaft meist nervös auf den Sitzen des Mannschaft­sbusses hin und her, wenn sie sich der Spielstätt­e des VfB näherten. Doch ab der Saison 1991/92 trug der VfB seine Heimspiele nur noch im Marschwegs­tadion und nicht mehr im Donnerschw­eer Stadion aus. Von nun an trennte eine breite Tartanbahn die Zuschauer vom Spielgesch­ehen. Sichtlich enttäuscht beendete Berlins Trainer sein Statement zur Begegnung mit dem Hinweis auf Als Catering noch ein Fremdwort war: Für manche Fans gehörte die frisch gebratene Stadionwur­st zum Besuch des VfB-Platzes dazu.

die Vergangenh­eit. Im alten Stadion hatte er das Gefühl, die Zuschauer säßen auf der Torlatte. Alles war eng und laut.

Doch der Hexenkesse­l, in den sich der Platz verwandeln konnte, konnte auch andere Gesichter zeigen. Fanden nur wenige Zuschauer den Weg ins Stadion, hallten die Rufe der Zuschauer durchs Stadion – worunter an manchen Tagen auch die eigenen Spieler zu leiden hatten, wenn sie

nach Meinung des Publikums eine grottensch­lechte Leistung ablieferte­n.

Der Platz verströmte ein besonderes Flair, das „Groundhopp­er“Hans-Hendrik Mester in seinem Buch festgehalt­en hat: „Schon das Betreten durch den Haupteinga­ng hatte etwas Erhabenes. Wie in einem Theater fiel das Auge des Betrachter­s hinab in Richtung Bühne. Die Zuschauer blickten auf den tief liegenden Platz herab. Auf der Blick zurück: Die Kurven gehörten früher den StehplatzF­ans.

linken Seite ragte die Gegengerad­e empor. Die Stufen reichten ganz nah an das Spielfeld heran.“

Alles Geschichte. Wie heißt es doch so schön und richtig in der Unterzeile des Buchtitels mit Blick auf die modernen Arenen? „Wenn Herz und Seele verschwind­en – eine Hommage an alte Pilgerstät­ten deutschen Fußballs“.

Vom Stadion zur Arena arete-Verlag, 19,95 Euro, ISBN 9783942468­732

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BILD: ARCHIV
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BILD/ARCHIV: PETER KREIER
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BILD: REPRO/THOMAS HUSMANN

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