VfB im Konzert der ganz Großen
Buchautor widmet „Hölle des Nordens“mehrere Seiten – Wehmütiger Blick zurück
Autor Klaus-Hendrik Mester ist „Groundhopper“. Den modernen Fußball sieht er kritisch.
OLDENBURG – Der DfB Oldenburg spielt im Konzert der ganz Großen mit – zwar nicht fußballerisch, aber mit seinem ehemaligen Stadion an der Donnerschweer Straße hat es der legendäre VfB-Platz „auf dem Donnerschwee“geschafft, in einer Reihe mit dem Westfalenstadion in Dortmund, dem Parkstadion in Gelsenkirchen oder dem Bökelbergstadion in Mönchengladbach genannt zu werden. In seinem Buch „Vom Stadion zur Arena“ist Autor Klaus-Hendrik Mester der VfB-Platz sogar mehr als eine Erwähnung wert. Über etwas mehr als sieben Seiten schildert er die Geschichte des Platzes mit seinen Höhen und Tiefen, die der VfB dort erlebte. Zeitzeugen kommen zu Wort wie etwa Horst Hollmann, ehemaliger Sportchef in der Ð-Redaktion, der über Jahrzehnte hinweg das Treiben auf und neben dem Platz kritisch verfolgte.
Mester schreibt: Am 16. Juni 1991 verlor der Verein seine Seele. Ein letztes Mal empfing die Elf des VfB Oldenburg einen Gegner im Stadion Donnerschwee. Nach diesem Ereignis verfiel die einstige „Hölle des Nordens“von Tag zu Tag mehr. 2008 verschwand das Stadion für immer. Heute breitet sich ein Supermarkt auf dem ehemaligen Spielfeld aus. Auf den ersten Blick erinnert nichts mehr an die einst von gegnerischen Mannschaften gefürchtete Spielstätte. Wenn die Zuschauer erst einmal in Fahrt kamen, entfachten sie im engen Stadion eine einzigartige Stimmung. Einzig ein Gedenkstein vor dem Stadtteilzentrum Donnerschwee erinnert etwas pathetisch an längst vergessene Zeiten: „Hier auf dem Donnerschwee war einst der VfB-Platz, als „Hölle des Nordens“ein Fußball-Stadion mit Seele“ist darauf zu lesen.
Was machte das Stadion so Da gab es noch eine Ligusterhecke am Spielfeldrand: Der VfB-Platz war mit seiner einzigartigen Stimmung gefürchtet. Die „Hölle des Nordens“ist längst erloschen.
besonders? Wann wurde die Atmosphäre zur Hölle? Welche Seele ist gemeint? Diese Fragen könnten Zeitzeugen beantworten, die sich in früheren Jahrzehnten im sagenumwobenen Stadion tummelten.
„Das ist ja gar nichts hier. Völlig langweilig“, grantelte Uwe Klimaschefski. Der Trainer von Blau-Weiß 90 Berlin leitete mit diesen Worten die Pressekonferenz nach dem Zweitligaspiel beim VfB Oldenburg ein. Er musste einfach sofort seine Verwunderung über die merkwürdige Atmosphäre im Marschwegstadion in Oldenburg zum Ausdruck bringen. Denn bisher rutschten die Spieler der gegnerischen Mannschaft meist nervös auf den Sitzen des Mannschaftsbusses hin und her, wenn sie sich der Spielstätte des VfB näherten. Doch ab der Saison 1991/92 trug der VfB seine Heimspiele nur noch im Marschwegstadion und nicht mehr im Donnerschweer Stadion aus. Von nun an trennte eine breite Tartanbahn die Zuschauer vom Spielgeschehen. Sichtlich enttäuscht beendete Berlins Trainer sein Statement zur Begegnung mit dem Hinweis auf Als Catering noch ein Fremdwort war: Für manche Fans gehörte die frisch gebratene Stadionwurst zum Besuch des VfB-Platzes dazu.
die Vergangenheit. Im alten Stadion hatte er das Gefühl, die Zuschauer säßen auf der Torlatte. Alles war eng und laut.
Doch der Hexenkessel, in den sich der Platz verwandeln konnte, konnte auch andere Gesichter zeigen. Fanden nur wenige Zuschauer den Weg ins Stadion, hallten die Rufe der Zuschauer durchs Stadion – worunter an manchen Tagen auch die eigenen Spieler zu leiden hatten, wenn sie
nach Meinung des Publikums eine grottenschlechte Leistung ablieferten.
Der Platz verströmte ein besonderes Flair, das „Groundhopper“Hans-Hendrik Mester in seinem Buch festgehalten hat: „Schon das Betreten durch den Haupteingang hatte etwas Erhabenes. Wie in einem Theater fiel das Auge des Betrachters hinab in Richtung Bühne. Die Zuschauer blickten auf den tief liegenden Platz herab. Auf der Blick zurück: Die Kurven gehörten früher den StehplatzFans.
linken Seite ragte die Gegengerade empor. Die Stufen reichten ganz nah an das Spielfeld heran.“
Alles Geschichte. Wie heißt es doch so schön und richtig in der Unterzeile des Buchtitels mit Blick auf die modernen Arenen? „Wenn Herz und Seele verschwinden – eine Hommage an alte Pilgerstätten deutschen Fußballs“.
Vom Stadion zur Arena arete-Verlag, 19,95 Euro, ISBN 9783942468732