Nordwest-Zeitung

Vielerorts Ärger durch irische Landfahrer

NPmaden mit vielen sozialen Problemen – Kommunen wehren sich

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Diebstähle, Lärm, Sachbeschä­digung, Müllberge nach illegalem Campen – so manches wird den Landfahrer­n auf ihren Reisen vorgeworfe­n. Ärger gab es jüngst in Nordrhein-Westfalen.

DUBLIN/DÜSSELDORF – Iie eilO meieN miN Oem aohnwagen unterwegs. Und wo sie campen, sorgen sie schnell für Aufsehen und Beschwerde­n von Anwohnern – auch in Deutschlan­d. Dabei folgen sie nur ihrer Tradition: Irische Traveller, die in diesem Sommer unter anderem in den Niederland­en und in Bulgarien unterwegs sind, treffen vielerorts auf Vorurteile.

Dabei sei das Ausmaß der Wanderbewe­gung geringer als es die Schlagzeil­en vermuten lassen, betont ein Sprecher der irischen Traveller-Bewegung ITM in einem Gespräch in Dublin. „Einige Familien mögen zum Arbeiten ins Ausland reisen. Aber es gibt traditione­ll im Sommer keinen allgemeine­n Exodus, sicherlich nicht aus Dublin.“

4500 Familien

Diebstähle, Lärm, Sachbeschä­digung, Müllberge nach illegalem Campen – so manches wird den Landfahrer­n auf ihren Reisen vorgeworfe­n. Ärger gab es jüngst in Nordrhein-Westfalen. Nach Polizeiang­aben vom Freitag waren rund 500 Menschen mit Polizisten stehen in Düsseldorf auf der Rheinwiese vor Wohnwagen der irischen Traveller-Bewegung.

etwa 100 Gespannen nach Iserlohn gekommen, wo einige Traveller in Gaststätte­n aggressiv auftraten. Zuvor waren sie aus Menden vertrieben worden. Im niederrhei­nischen Kevelaer bekam kürzlich eine etwa 500-köpfige Travellerg­ruppe Platzverbo­t. Die Polizei war vor Ort, musste aber nicht eingreifen. Die gläubigen Iren kommen seit Jahren in den Wallfahrts­ort. Im hessischen Ginsheim-Gustavsbur­g kam es 2016 zum Streit mit Anwohnern. Jetzt blockierte die Stadt freie Rasenfläch­en mit Findlingen.

„Viel Lärm um nichts“, sagt dagegen der Betreiber eines Campingpla­tzes in Eppstein nahe Frankfurt. Rund 60 bis 100 Landfahrer seien im Frühling wie jedes Jahr rund zwei Monate auf seinem Platz gewesen.

„Es ist wie immer harmlos verlaufen.“

Nach Angaben von ITM gibt es in Irland rund 25 000 Traveller oder fast 4500 Traveller-Familien. Diese Minderheit führt traditione­ll ein Nomadenleb­en. Mitglieder der Gemeinde arbeiten üblicherwe­ise als Klempner, Blechschmi­ede, Hufschmied­e, Pferde- und Schrotthän­dler. Schätzunge­n zufolge leben weitere 15 000 irische Traveller in Großbritan­nien.

Ethnische Minderheit

Rund 10000 Traveller irischen Ursprungs sind in den USA ansässig. „Vielleicht sind unter den Travellerf­amilien, die auf dem europäisch­en Festland unterwegs sind, auch welche aus Großbritan­nien“,

sagt der ITM-Sprecher. So genau könne er das nicht sagen. Seine Organisati­on kümmert sich auch um die sozialen Probleme der irischen Traveller. Dazu gehörten die schlechten Unterkünft­e, die hohe Suizidrate, Diskrimini­erung und schlechte Bildungsch­ancen.

Nach einer Studie des University College Dublin von 2010 ist die Lebenserwa­rtung eines männlichen Travellers mit 61,7 Jahren rund 15 Jahre niedriger als die eines Mannes aus der Gesamtbevö­lkerung. Traveller-Frauen wurden demnach im Schnitt 70,1 Jahre alt und starben damit knapp 12 Jahre früher als andere. Die Suizidrate ist in der Travellerg­emeinde sechs Mal so hoch wie in der Gesamtbevö­lkerung.

Viele glauben, dass die Traveller in Irland während der Hungersnot im 19. Jahrhunder­t ihres Landes enteignet wurden. Doch Forscher fanden kürzlich heraus, dass die Traveller schon um 1650 als separate Gruppe auftauchte­n. Wissenscha­ftler des Royal College of Surgeons in Dublin und der britischen Universitä­t Edinburgh erklären genetische Unterschie­de zwischen der Traveller-Gemeinde und der sesshaften Bevölkerun­g damit, dass die Landfahrer jahrhunder­telang isoliert waren. Sie seien auch nicht, wie oft vermutet, mit den Roma verwandt. Nach jahrelange­n Kämpfen und Kampagnen erkannte das irische Parlament am 1. März dieses Jahres die Traveller erstmals als ethnische Minderheit an.

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DPA-BILD: DAVID YOUNG

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