Nordwest-Zeitung

Teures „Made in USA“

Protektion­ismus verteuert das Leben und vernichtet ,ohlstand

- VONJOSHBOA­K UND PAUL WISEMAN

Der amerikanis­che Präsident Donald Trump will, dass die Bevölkerun­g mehr Waren kauft, die im eigenen Land produziert wurden. Aber das ist schwierige­r als es klingt. Sogar für Trump selbst.

Die Füllhalter, die er zum Unterschre­iben seiner Dekrete benutzt hat, wurden in Rhode Island zusammenge­baut, aber in China lackiert und graviert. Die Boeing, mit der er posierte, um die industriel­le Macht der USA zu demonstrie­ren, ist zu 30 Prozent im Ausland hergestell­t.

Tatsache ist, dass in der globalen Wirtschaft nur wenige Produkte ausschließ­lich in den USA gefertigt werden. USHerstell­er verlassen sich auf globale Zulieferer­ketten, und viele Menschen kaufen ausländisc­he Waren, weil ihnen niedrigere Preise wichtiger sind als „Made in USA“.

Für daheim produziert­e Waren zu werben, sei verlockend für Politiker, sagt Dan Ikenson, Handelsana­lyst am libertären Cato Institute. Aber es hat einen Preis. „Wenn sich Leute veranlasst fühlen, örtliche Produkte zu kaufen, geben sie in der Regel mehr aus, und dies bedeutet, dass sie weniger Geld für andere Dinge oder zum Sparen haben.“

Trump ist bisher auf derartige

Nuancen nicht eingegange­n. Stattdesse­n propagiert er, dass exklusiv amerikanis­ch einzukaufe­n mehr nationalen Reichtum schaffe. „Vom ersten Tag an hat meine Regierung dafür gekämpft, Fabrikjobs in unser Land zurückzubr­ingen und gegen andere Staaten vorzugehen, die betrügen – eine Menge von ihnen“, erklärte der Republikan­er etwa.

Die Herausford­erung für Trump liegt darin, dass es für die meisten Amerikaner wichtig ist, Geld zu sparen und daher, wenn möglich, preisgünst­igere Waren aus dem Ausland zu kaufen. In einer GfK-Umfrage im vergangene­n Jahr gaben 67 Prozent an, dass sie, wenn sie die Wahl zwischen einer im Ausland hergestell­ten Hose für 50 Dollar und einer identische­n daheim produziert­en für 85 Dollar

hätten, die billigere Variante wählen würden.

Die Umfrage ergab auch, dass das jeweilige Einkommen die Präferenz wenig beeinfluss­t: Amerikaner in Haushalten mit mehr als 100 000 Dollar im Jahr bevorzugen preisgünst­ige Waren aus dem Ausland genauso wie Menschen mit geringerem Verdienst. Aber würde Trump die Import-Zölle auf einige Waren erhöhen, eine Absicht, die er mehrfach angedeutet hat, würde das natürlich ärmere Amerikaner stärker treffen als die reicheren, sagt Ökonom Amit Khandelwal von der Columbia University.

Unternehme­n unter starkem Wettbewerb­sdruck, die Preise niedrig halten wollen, greifen oft auf Fabriken und Zulieferer in Ländern wie China und Bangladesc­h zurück, wo die Löhne weit niedriger sind. Der Einzelhänd­ler L.L. Bean etwa, für den Trump selbst geworben hat, schätzt, dass er ungefähr 75 Prozent seiner Waren importiert.

Firmen, die ihre Produktion aus dem Ausland in die USA zurückverl­egt haben, müssen oft höhere Kosten schultern. Das Unternehme­n The Bollman Hat, das die auch bei vielen Promis beliebten Kangol-Mützen und -Kappen mit Känguru-Logo herstellt, ist im vergangene­n Jahr aus China in eine Fabrik im US-Staat Pennsylvan­ia gezogen. Seitdem hat es Mühe, einen Profit zu erwirtscha­ften. Die Kosten per Kopfbedeck­ung sind doppelt so hoch wie seinerzeit in China, zum Teil allerdings auch deshalb, weil die Arbeiter in Pennsylvan­ia noch nicht so fix sind wie es die erfahrenen Arbeiter in der – jetzt geschlosse­nen – Fabrik in Südchina waren.

Und welche Produkte sind „am amerikanis­chsten“? Der Automarkt ist ein gutes Beispiel dafür, wie komplizier­t die Antwort darauf ist. Die Kogod School of Business der American University und die Webseite Cars.com führen dazu jedes Jahr unabhängig voneinande­r Untersuchu­ngen durch. Vor elf Jahren gab Cars.com noch mehr als 60 Fahrzeugen das „Made in America“-Label – in diesem Jahr erhielten es nur drei.

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DPA-BILD: GAMBARINI Das Etikett „Made in U.S.A.“an einer Tasche.

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