Teures „Made in USA“
Protektionismus verteuert das Leben und vernichtet ,ohlstand
Der amerikanische Präsident Donald Trump will, dass die Bevölkerung mehr Waren kauft, die im eigenen Land produziert wurden. Aber das ist schwieriger als es klingt. Sogar für Trump selbst.
Die Füllhalter, die er zum Unterschreiben seiner Dekrete benutzt hat, wurden in Rhode Island zusammengebaut, aber in China lackiert und graviert. Die Boeing, mit der er posierte, um die industrielle Macht der USA zu demonstrieren, ist zu 30 Prozent im Ausland hergestellt.
Tatsache ist, dass in der globalen Wirtschaft nur wenige Produkte ausschließlich in den USA gefertigt werden. USHersteller verlassen sich auf globale Zuliefererketten, und viele Menschen kaufen ausländische Waren, weil ihnen niedrigere Preise wichtiger sind als „Made in USA“.
Für daheim produzierte Waren zu werben, sei verlockend für Politiker, sagt Dan Ikenson, Handelsanalyst am libertären Cato Institute. Aber es hat einen Preis. „Wenn sich Leute veranlasst fühlen, örtliche Produkte zu kaufen, geben sie in der Regel mehr aus, und dies bedeutet, dass sie weniger Geld für andere Dinge oder zum Sparen haben.“
Trump ist bisher auf derartige
Nuancen nicht eingegangen. Stattdessen propagiert er, dass exklusiv amerikanisch einzukaufen mehr nationalen Reichtum schaffe. „Vom ersten Tag an hat meine Regierung dafür gekämpft, Fabrikjobs in unser Land zurückzubringen und gegen andere Staaten vorzugehen, die betrügen – eine Menge von ihnen“, erklärte der Republikaner etwa.
Die Herausforderung für Trump liegt darin, dass es für die meisten Amerikaner wichtig ist, Geld zu sparen und daher, wenn möglich, preisgünstigere Waren aus dem Ausland zu kaufen. In einer GfK-Umfrage im vergangenen Jahr gaben 67 Prozent an, dass sie, wenn sie die Wahl zwischen einer im Ausland hergestellten Hose für 50 Dollar und einer identischen daheim produzierten für 85 Dollar
hätten, die billigere Variante wählen würden.
Die Umfrage ergab auch, dass das jeweilige Einkommen die Präferenz wenig beeinflusst: Amerikaner in Haushalten mit mehr als 100 000 Dollar im Jahr bevorzugen preisgünstige Waren aus dem Ausland genauso wie Menschen mit geringerem Verdienst. Aber würde Trump die Import-Zölle auf einige Waren erhöhen, eine Absicht, die er mehrfach angedeutet hat, würde das natürlich ärmere Amerikaner stärker treffen als die reicheren, sagt Ökonom Amit Khandelwal von der Columbia University.
Unternehmen unter starkem Wettbewerbsdruck, die Preise niedrig halten wollen, greifen oft auf Fabriken und Zulieferer in Ländern wie China und Bangladesch zurück, wo die Löhne weit niedriger sind. Der Einzelhändler L.L. Bean etwa, für den Trump selbst geworben hat, schätzt, dass er ungefähr 75 Prozent seiner Waren importiert.
Firmen, die ihre Produktion aus dem Ausland in die USA zurückverlegt haben, müssen oft höhere Kosten schultern. Das Unternehmen The Bollman Hat, das die auch bei vielen Promis beliebten Kangol-Mützen und -Kappen mit Känguru-Logo herstellt, ist im vergangenen Jahr aus China in eine Fabrik im US-Staat Pennsylvania gezogen. Seitdem hat es Mühe, einen Profit zu erwirtschaften. Die Kosten per Kopfbedeckung sind doppelt so hoch wie seinerzeit in China, zum Teil allerdings auch deshalb, weil die Arbeiter in Pennsylvania noch nicht so fix sind wie es die erfahrenen Arbeiter in der – jetzt geschlossenen – Fabrik in Südchina waren.
Und welche Produkte sind „am amerikanischsten“? Der Automarkt ist ein gutes Beispiel dafür, wie kompliziert die Antwort darauf ist. Die Kogod School of Business der American University und die Webseite Cars.com führen dazu jedes Jahr unabhängig voneinander Untersuchungen durch. Vor elf Jahren gab Cars.com noch mehr als 60 Fahrzeugen das „Made in America“-Label – in diesem Jahr erhielten es nur drei.