Nordwest-Zeitung

Fahrbahnka­nte wird zur Stolperfal­le

Kanna Seipelt bei Unfall schwer verletzt – Anlieger forderten schon vor Jahren besseren Schutz

- VON THOMAS HUSMANN

Die 73-Jährige zog sich Knochenbrü­che zu. Die Straße ist mit ihren Bäumen ein Naturdenkm­al.

OLDENBURG – Die 5. August 2017 wird Hanna Seipelt so schnell nicht vergessen. Mit ihrer Tochter hatte sich die 73Jährige in der Stadt verabredet. Mit der Buslinie 304 fuhr sie am Nachmittag Richtung Ofenerdiek zurück und stieg gegen 17.15 Uhr an der Haltestell­e Spreenweg aus, um von dort zu Fuß nach Hause an der Weißenmoor­straße zu gehen. Eigentlich alles wie immer, doch dann nahm das Schicksal seinen Lauf.

Auf der Weißenmoor­straße lief sie in Höhe des Hauses 204 hinter der durchgezog­enen weißen Linie, die die Fußgänger vor dem Autoverkeh­r schützen soll. Soweit die Theorie. In der Praxis überfahren die Autos die Linie aber, wenn ihnen auf der schmalen Straße ein anderer Pkw entgegenko­mmt. Hanna Seipelt weiß das und wich deshalb einen Schritt nach rechts zur Seite auf die Berme aus, als ihr von vorne ein Auto entgegenka­m und sie hinter sich ein weiteres hörte. Den Schritt sollte sie schmerzlic­h bereuen. Die 73-Jährige geriet Hier ist es passiert: An dieser Fahrbahnka­nte kam Hanna Seipelt an der Weißenmoor­straße ins Straucheln und stürzte schwer.

ins Straucheln, stürzte, stützte sich ab und brach sich dabei rechts den Mittelhand­knochen und links die Speiche im Arm, wie sich bei der späteren Untersuchu­ng im Evangelisc­hen Krankenhau­s herausstel­len sollte. Zum Glück hatte sie noch ihre Tochter, eine Ärztin, telefonisc­h erreichen können, die sofort zu ihrer Mutter eilte. Auf der Straße hatte ihr ein Mann auf die Beine geholfen.

Klingt nach einem normalen Unfall, wenn er nicht eine Vorgeschic­hte hätte. Gerhard Behrens hatte im Namen der Anwohner der Weißenmoor­straße

bereits im Dezember 2013 in einem Schreiben an die Stadt gefordert, den Seitenstre­ifen zu befestigen. In dem Brief heißt es: „Der Schutzstre­ifen hat völlig unterschie­dliche Breiten, sie reichen von etwa einem Meter bis zu 30 Zentimeter­n. Der Schutzstre­ifen endet zum Graben hin, gerade an den schmalsten Stellen, häufig mit einer Abbruchkan­te. Ich bitte die Baufirma zu veranlasse­n, den Schutzstre­ifen in einer verlässlic­hen Breite, die einen Meter nicht unterschre­iten sollte, herzustell­en. Vor der Erneuerung der Fahrbahn war

der Randstreif­en gleichmäßi­g breit und stufenlos. Ferner habe ich die dringende Bitte, das beschriebe­ne Teilstück des Fußgängers­treifens durch Abgrenzung­spfähle zu sichern. Es wird zur Zeit von vielen Autofahrer­n als Parkstreif­en missversta­nden oder missbrauch­t. Außerdem hat die Weißenmoor­straße zwischen Scheideweg und Wilhelmsha­vener Heerstraße die Anmutung einer Landstraße und wird mit entspreche­nder Fahrweise genutzt.“

Und hier die Antwort der Stadtverwa­ltung: „Ihre Anfrage wurde geprüft und am 17. 3. 2014 im Verkehrsau­sschuss beraten. (...) Eine bauliche Abgrenzung des Seitenstre­ifens ist aufgrund der geringen Straßenbre­ite nicht möglich. (...) Ein öffentlich­er Gehweg könnte erst mit dem Ausbau der Straße hergestell­t werden. Dies ist zurzeit nicht beabsichti­gt. Zu berücksich­tigen ist dabei auch, dass die Straße ein Naturdenkm­al ist und mit dem Ausbau der Straße die Fällung von zahlreiche­n Bäumen erforderli­ch wäre.“Und in einem anderen Schreiben der Stadt: „Die Aufstellun­g von Leitpfoste­n zur Abtrennung des Seitenstre­ifens ist aufgrund der schmalen Fahrbahnbr­eite nicht möglich. Hierfür müsste zunächst ein Mindestabs­tand von mindestens 0,50 m zum Fahrbahnra­nd eingehalte­n werden.“

Der Schriftwec­hsel liegt eine Weile zurück. Deshalb hat die Ð nochmals nachgefrag­t und diese Auskunft von der Verwaltung bekommen: „Den Vorwurf, es sei seit 2013 trotz Verspreche­n dort nichts ausgebesse­rt worden, können wir nicht nachvollzi­ehen. Die Straße wurde mit einer neuen Decke versehen und ist in einem guten Zustand. Und auch die Angleichun­g zu den unbefestig­ten Seitenstre­ifen ist erfolgt.“Hanna Seipelt befriedigt das nicht. Sie wünscht sich einen befestigte­n Randstreif­en für die Fußgänger. An den Folgen des Sturzes leidet sie sehr. Ohne ihren Mann, der ihr im Alltag hilft, hätte sie einen Kurzzeitpf­legeplatz in einem Heim in Anspruch nehmen müssen. Was bleibt, ist Groll.

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BILD: THOMAS HUSMANN

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