Nordwest-Zeitung

Nur ein Aufschlag

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Ein euell der Spitzenkan­didaten der Parteien, zumindest der im Bundestag vertretene­n Fraktionen, wäre eine interessan­te Sache für den Wähler. Er könnte das Auftreten der Spitzenpol­itiker und ihre Positionen vergleiche­n. Im aktuellen Bundestags­wahlkampf wird es dazu nicht kommen, denn nur ein einziges Duell der beiden Spitzenkan­didaten Angela Merkel (CDU) und Martin Schulz (SPD) wird im Fernsehen übertragen, keine Elefantenr­unde mit Spitzenpol­itikern und auch kein zweites Aufeinande­rtreffen von Merkel und Schulz, was angesichts der Themenviel­falt vielleicht als Minimum angezeigt gewesen wäre. Dazu kommt, dass wegen des öffentlich-/privatrech­tlichen Proporzes mehr Journalist­en als Politiker die Runde bestreiten.

Die Positionen der Politiker seien doch ohnehin klar, könnte man einwenden. Wahrschein­lich haben sich aber längst nicht alle Wähler damit beschäftig­t, weshalb eine oder mehrere Live-Diskussion­srunden die beste Möglichkei­t böten, den Wähler zu beeindruck­en. Die Kanzlerin, in Live-Situatione­n eher spröde als emotional, bietet somit ihrem Herausford­erer Schulz nur einen Aufschlag. Diesen einen Aufschlag muss Schulz nutzen, um im Bundestags­wahlkampf noch aufzuholen. Umgekehrt kann Merkel ganz die besonnene Staatsfrau herausstel­len, die sich durch Anwürfe nicht aus der Reserve locken lässt.

Punkten könnte Schulz vor allem, wenn es ihm gelänge, Angela Merkel in strittigen politische­n Positionen festzunage­ln. Sie, die eher ausweichen­d agiert, sich nicht vorschnell festlegt und sich Handlungss­pielräume lange offenhält, könnte so Punkte verlieren. Schulz dagegen ist nicht ein Kandidat à la Gerhard Schröder, der eine politische Niederlage als klaren Sieg verkaufen kann. Er sollte gut vorbereite­t sein, mit Unerwartet­em überrasche­n.

Es gibt leider keine Verpflicht­ung zu einem Spitzendue­ll oder einer Elefantenr­unde der Parteien im TV. Der Meinungsbi­ldung in der Demokratie täte ein solch verpflicht­endes Element gut. Schließlic­h wollen die Bürger wissen, von wem sie unter Umständen vier Jahre lang regiert werden. @ Den Autor erreichen Sie unter Begerow@infoautor.de

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