Nordwest-Zeitung

Mehr Schüler leiden unter Stress

Fast jedes zweite Kind betroffen – Folgen für Gesundheit – Druck zu Hause

- VON TOBIAS SCHMIDT, BÜRO BERLIN

M5dchen fühlen sich h5ufiger gestresst als Jungen. Die Folge sind bei beiden Geschlecht­ern oft Kopfschmer­zen. Mehr als ein Drittel schl5ft schlecht. Ein Viertel klagt über Bauchweh.

BERLIN – Burnout im Klassenzim­mer? Vier von zehn Schülerinn­en und Schüler klagen über Stress, und das bleibt nicht ohne Folgen. Denn wer zu hohen Druck empfindet, der leidet auch häufiger körperlich, wie der am Freitag in Berlin vorgestell­te „Prävention­sradar 2017“der Krankenkas­se DAK aufdeckt.

Es sei „erschrecke­nd, wie viele Kinder mit Kopfweh oder Rückenschm­erzen zur Schule gehen oder nicht einschlafe­n können“, schlägt DAK-Vorstandsc­hef Andreas Strom die Alarmglock­e und fordert Konsequenz­en: Das Fach „Gesundheit“müsse in den Stundenpla­n aufgenomme­n werden, damit die Schülerinn­en und Schüler lernen, auf ihre eigene Gesundheit zu achten.

Dass viele Kinder und Jugendlich­e gestresst sind, das belegen schon zahlreiche Studien. Für den „Prävention­sradar“zum psychische­n Wohlbefind­en und das Gesundheit­sverhalten von Schülern der fünften bis zehnten Klasse, den die DAK jährlich vorlegt, hat Reiner Hanewinkel vom Institut für Therapie und Gesundheit­sforschung genauer hingeschau­t.

Demnach gaben 43 Prozent der 7000 befragten Zehn- bis 18-Jährigen an, sehr oft oder oft unter Stress zu leiden. Bei den Mädchen sind es sogar 49 Prozent. Und bei denjenigen, die einen zu hohen Druck empfinden, kommt es viel häufiger zu körperlich­en Leiden: So klagten 35 Prozent von ihnen über regelmäßig­e Kopfschmer­zen und 32 Prozent haben einmal pro Woche Schlafschw­ierigkeite­n. Doppelt so viele „gestresste“Schüler (21 Prozent) klagten über Rückenschm­erzen, dreimal so viele über Schwindel. „Dass der Stress schon im Jugendalte­r mit solchen Gesundheit­sproblemen einhergeht, ist zutiefst beunruhige­nd“, sagte Hanewinkel.

Doch woher kommt der Stress? Sind es die Schulen, die die Schüler überforder­n? Die Lehrpläne seien nicht schwierige­r geworden, winken Experten ab, verweisen auf die „Inflation“guter Noten und die steigende Abiturient­en-Zahl. „Oft entsteht der Druck zu Hause“, erklärte Armin Jasper, Vorsitzend­er der Vereinigun­g Gymnasiald­irektoren aus Sachsen. Eltern, die ihre Kinder mit der Forderung nach Einser-Abis unter Druck setzen und bei schlechten Noten schimpfen. Er warnt deswegen davor, „die Probleme bei den Lehrern abzuladen“.

Hanewinkel sieht einen klaren Bezug zwischen schlechten Ernährungs­gewohnheit­en und Überforder­ung durch Druck: „Wer ohne Frühstück und Energie zur Schule kommt, dem fällt es schwerer, mit Stress-Situatione­n umzugehen.“

KOMMENTAR, SEITE 4

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