Nordwest-Zeitung

Beruflich im Einklang mit der Natur

Aedré Kramer betreut als Ranger vom Dollart bis zum Jadebusen 100 Kilometer <attenmeer

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<enn Kramer über Vögel oder das <att spricht, leuchten seine Augen. <er nicht mit dem Herzen dabei ist, könne diesen Job nicht machen, sagt er.

WANGERLAND – Cs gibt Menschen, die lieben es, eins zu sein mit sich selbst und der Natur. Und es gibt Menschen, die das sogar beruflich tun. Wunderbar, dachten wir uns, denn damit stand fest, wen wir heute für Luv & Lü treffen sollten. Wie wäre es mit einem hochintere­ssanten Kölner, der als Ranger im Wangerland an der Nordsee lebt und arbeitet und offensicht­lich eine Leidenscha­ft hat, und das sind Vögel!

Eine Rauchschwa­lbe und ein Sommergold­hähnchen hat sich der 29-Jährige daher auch auf den Arm tätowieren lassen. Seit zwei Jahren lebt er im Wangerland und arbeitet als Ranger im Nationalpa­rk Wattenmeer. Die Natur zu bewahren, das ist sein Antrieb und es ist fasziniere­nd zu sehen, wie Andrés Augen leuchten, wenn er über Vögel und das UNESCO Weltnature­rbe Wattenmeer spricht.

Ein Paradies für Tiere

André Kramers Reich, der Nationalpa­rk Wattenmeer, ist beeindruck­end: ein riesiges, 345 000 Hektar großes Terrain und immerhin Deutschlan­ds zweitgrößt­er Nationalpa­rk. Für die Tiere, die hier leben, ist es ein Paradies – genauso wie für André, der hier nach dem Rechten schaut und dafür sorgt, dass dieses einzigarti­ge Wattenmeer bestehen bleibt. Dass er so naturverbu­nden ist, war ihm lange gar nicht klar: „Mein eigentlich­er Berufswuns­ch war Berufsfeue­rwehrmann, daher habe ich in Köln erst mal eine Ausbildung zum Forstwirt gemacht, weil das Voraussetz­ung war. Während der Ausbildung habe ich schnell gemerkt, dass ich sehr gerne draußen war.“

In seiner Zeit als Forstwirt lernte André auch den einen oder anderen Ranger kennen und dachte sich insgeheim: André Kramer stammt aus Köln. Der Ranger wollte eigentlich Berufsfeue­rwehrmann werden, hat aber gemerkt, dass er viel lieber an der frischen Luft arbeitet.

„Das wäre genau meins!“Aber der Beruf des Rangers ist begehrt, insofern hat sich André keine großen Hoffnungen gemacht: „Allein hier im Nationalpa­rk kamen auf zehn ausgeschri­ebene Stellen knapp 400 Bewerber. Die Leute kommen aus ganz Deutschlan­d auf diese Stellen, denn es gibt einfach viel zu wenig“, erzählt uns André.

Umso glückliche­r war er, dass sein Traum wahr geworden und er nun einer von zehn Rangern im Nationalpa­rk Wattenmeer ist und ein Gebiet betreut, das sich über 100 Kilometer erstreckt, vom südlichen Jadebusen über Wilhelmsha­ven, Schillig, Bensersiel bis zum Dollart. „Ich muss dieses Gebiet allein beackern und bin hier die eierlegend­e Wollmilchs­au“, erklärt uns André und irgendwie haben wir das Gefühl, dass er dieser Herausford­erung durchaus gewachsen ist.

Es ist ein Job voller Abwechslun­g: Zu Andrés zahlreiche­n Aufgaben gehört, Wege markieren, Beschilder­ungen erstellen, Landschaft­skontrolle, Artenschut­zmaßnahmen, Vogelbeoba­chtung, Pflanzenka­rtierung bis hin zu Führungen und Öffentlich­keitsarbei­t. Besser geht’s kaum: „Es ist jeden Tag spannend. Und man kann im Kleinen noch was bewirken. Wir betreiben ja auch Strandbrüt­erschutz, wenn ein Vogel mehr wegen uns heranwachs­en kann, dann ist schon viel gewonnen. Es gibt viele Arten, da ist es kurz vor zwölf. Giel unterwegs: André Kramer betreut ein Gebiet, das sich über 100 Kilometer erstreckt.

Und was weg ist, ist weg, das muss man sich vor Augen führen.“

Tatsächlic­h hat das, was André hier mit seinen Kollegen „im Kleinen“bewirkt, globale Bedeutung: „Hier kommen jährlich zwölf Millionen Vögel her, und die kommen nur zu ihrem Überwinter­ungsgebiet durch, weil es das Wattenmeer und uns hier gibt. Mit Holland und Dänemark zusammen ist es quasi ein Wattenmeer“, erklärt uns André. Insofern ist Andrés Job keiner wie jeder andere. Und man muss mit dem Herzen dabei sein: „Sonst kannst du das nicht machen. Da vermischt sich auch vieles, Privates und Arbeit. Da fährst du auch Sonntagabe­nd noch los, wenn was ist und zur Brutzeit muss ich schon um vier morgens hier sein.“Zum Glück trägt Andrés Freundin, über die er sonst nichts verrät, sei- Tierisches Tattoo: Eine Rauchschwa­lbe ziert den Unterarm von André Kramer.

ne Arbeit und sein Leben mit. Jetzt wollen wir aber doch mal wissen, was es mit seinen Tätowierun­gen auf sich hat. „Na, die Rauchschwa­lbe habe ich, weil es einfach tolle Viecher sind, wie die fliegen können! Und das Sommergold­hähnchen steht für alle Singvögel“, erklärt uns André.

Da klingt sie wieder durch, die Begeisteru­ng und Leidenscha­ft, mit der dieser junge Ranger seinen Beruf angeht. Vom Herzblut mal abgesehen ist das Wichtigste eine scharfe Wahrnehmun­g: „Man muss seine Flächen kennen, nur wenn ich die kenne, nehme ich Veränderun­gen wahr oder auch Störungen wie eine hohe Tide zur Brutzeit.“Um Veränderun­gen in seinem Terrain wahrzunehm­en, kartiert André die Vögel auch: „Wo sitzen Rotschenke­l? Wo sitzen Uferschnep­fen? 50 bis 60 Prozent der Vogelarten haben das Problem, Flächen zu finden, wo sie brüten können. Auch Vogelzug ist ein Riesenprob­lem, es gibt viel illegalen Vogelfang. Länder wie ÄgMpten, Malta aber auch Frankreich stellen Netze und fangen Vögel, um sie zu essen oder zu sagen, ich hab’ einen tollen Vogel gefangen. Da gehen Millionen Vögel hops und wir geben hier Millionen für den Schutz von Vögeln aus, die dann bei denen im Netz landen!“

Umso wichtiger ist es, dass es Ranger wie André gibt, die letztlich Lebensrett­er und

Tierschütz­er in einem sind. Eine schönere Arbeit als die im Nationalpa­rk kann sich André nicht vorstellen: „Meine Arbeit kommt mir gar nicht wie Arbeit vor. Und das ist eigentlich unbezahlba­r“. Das heißt, er hält fest, wo welche Vögel auftauchen, leben und brüten: „Das ist schon eine sehr kompleNe Aufgabe. Man muss dafür auch gut hören können. Man muss lernen, sich wieder zu konzentrie­ren und dem Ganzen mehr Aufmerksam­keit schenken.“Das macht er übrigens auch in seiner Freizeit. Wenn er nicht gerade in seinem Garten arbeitet, ist André unterwegs, um Vögel zu beobachten. Und gerät bei seinen Streifzüge­n durchs Wattenmeer immer wieder ins Staunen: „Das hier ist wirklich einmalig, aber es ist einem eben nicht klar, weil wir es ja vor der Haustür haben, aber das hier ist eine wichtige Landschaft, auch weltweit gesehen.“

„Ich bleibe hier“

Vor seiner Zeit im Wangerland war André Kramer für einige Jahre auf der Insel Borkum, das war auch sehr schön. Aber sein Zuhause ist jetzt hier, weil er sich hier so wohl fühlt. Das verstehen wir. Und die Zukunft? „Ich wüsste nicht, was mich hier wegbringen könnte“, sagt André und dann ist erst mal Stille. Irgendwo hört er jetzt ein Blaukehlch­en singen. Großartig!

Ein klein bisschen neidisch sind wir dann schon, als wir uns verabschie­den und den Nationalpa­rk Wattenmeer hinter uns lassen müssen. Wir können inzwischen nur allzu gut nachvollzi­ehen, woher Andrés Leidenscha­ft für diesen besonderen Landstrich kommt: „Mal ist es das Licht, das eine Salzwiese besonders schön aussehen lässt. Mal ist es eine seltene Vogelart, die man sieht. Es sind so kleine Erlebnisse in der Natur, die mich so begeistern. Wasser ist Leben, da passiert was.“Wie wahr, André, wie wahr!

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BILD: TOM TAUTZ
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