Nordwest-Zeitung

Das zweite Leben für Traditions­marken

Eelefunken, Grundig, Nordmende und Co. feiern Comeback auf IFA in Berlin

- VON CHRISTOPH DERNBACH UND JÖRG SCHÜRMEYER

Viele Hersteller sind vor Jahren untergegan­gen. Unter neuen Besitzern kehren sie nun zurück.

BERLIN/BREMEN – Ingenieure von Telefunken haben in den 1960er-Jahren das Farbfernse­hen entscheide­nd mitentwick­elt. Dem Team um Telefunken-Veteran Walter Bruch gelang es damals, PAL als dritten Weltstanda­rd für das Farbfernse­hen zu etablieren. Doch ausgerechn­et mit dem Farbfernse­her begann der Abstieg der Traditions­marke, die 1903 auf den Befehl von Kaiser Wilhelm II. gegründet worden war. Es fehlten Kapital und unternehme­risches Geschick, um mit aufsteigen­den Marken aus Asien mitzuhalte­n.

Auch eine Fusion 1967 mit dem Elektrorie­sen AEG konnte nicht verhindern, dass Telefunken den Trend verpasste, den damals japanische Konzerne wie Sony vorgaben. In den achtziger Jahren wurde die Telefunken AG fast vollständi­g zerschlage­n. Die Markenrech­te landeten über den AEG-Konzern kaum mehr beachtet bei der Daimler AG.

2007 startete der Investor Hemjö Klein einen spektakulä­ren Versuch, der Marke neues Leben einzuhauch­en. Der einstige Bahn-Vorstand kaufte die Markenrech­te für einen zweistelli­gen Millionenb­etrag, um Unterhaltu­ngselektro­nik unter dem Namen Telefunken anbieten zu können.

Der Wiederbele­bungsversu­ch verlief zunächst holprig. Dennoch gibt es seit einiger Zeit in Elektrofac­hmärkten wieder Produkte unter der Marke Telefunken. Allerdings gibt es kein zentrales „Telefunken-Werk“mehr, sondern ein Lizenzgesc­häft mit ganz unterschie­dlichen Partnern.

Die Telefunken-Fernseher, die auf der IFA 2017 mit aktueller 4K-Technik zu sehen sind, stammen vom türkischen Konzern Vestel, einem der größten Produzente­n im Bereich Unterhaltu­ngselektro­nik weltweit. Vestel bietet aber auch Haushaltsg­roßgeräte – also etwa Kühlschrän­ke und Waschmasch­inen – unter dem Namen Telefunken an. Die SB-Warenhausk­ette Real zeigt in diesem Jahr unter dem Berliner Funkturm Lautsprech­er und DABplus-Radios mit dem Telefunken-Logo. Der sauerländi­sche Mittelstän­dler Briloner Leuchten Bild aus vergangene­n Zeiten: Im Thomson-Werk in Celle wurden in den 90er-Jahren TV-Geräte der Marken Saba, Telefunken und Nordmende montiert. bietet unter der Marke Telefunken Lichtlösun­gen an.

Die Lizenz-Partner profitiere­n dabei von der immer noch erstaunlic­h hohen Bekannthei­t der Marke „Telefunken“. Auch über 30 Jahre nach dem Untergang der Telefunken AG können heute drei von vier Menschen in Deutschlan­d etwas mit diesem Markenname­n anfangen, bekräftigt das Unternehme­n. Telefunken-Geschäftsf­ührer Christian Mayer geht es aber nicht um ein Lizenzgesc­häft für beliebige Produkte. „Ziel ist es, konsequent an die traditione­llen Markenwert­e anzuknüpfe­n“, sagte er.

Neben Telefunken gibt es eine lange Reihe von Elektronik­unternehme­n aus Deutschlan­d, die einst weltweit Akzente gesetzt haben, dann aber in finanziell­e Schwierigk­eiten gerieten. So beantragte Loewe im Herbst 2013 Insolvenz in Eigenverwa­ltung und gehört inzwischen der deutschen Investoren­gruppe Stargate. Auf der IFA versucht Loewe, mit futuristis­ch designten OLEDFernse­hern im oberen Marktsegme­nt zu punkten.

Die fränkische Firma Metz, die seit den 1950er-Jahren Fernseher produziert hat, ging 2014 insolvent und landete dann beim chinesisch­en TVHerstell­er Skyworth. Auf der IFA zeigt Metz seinen ersten LCD-Fernseher mit HDRTechnol­ogie. Der höhere Kontrastbe­reich bei HDR (High Dynamic Range) verspricht ein lebendiger­es Bild.

Während Metz mit verkleiner­tem Mitarbeite­rstamm weiterhin im fränkische­n Zirndorf TV-Geräte baut, hat sich der einstige Elektronik­riese Grundig komplett aus Franken verabschie­det. Das 1946 gegründete Nürnberger Traditions­unternehme­n rutschte nach einem jahrelange­n Niedergang 2003 in Insolvenz und wurde zerschlage­n.

Auch hier überlebte immerhin der Markenname. Seit 2007 gehört Grundig zur türkischen Holding Koç, die mehrheitli­ch den Haushaltsg­eräte-Hersteller Arçelic hält.

Grundig will auf der IFA 2017 ebenfalls mit einem OLED-Fernseher punkten, der ebenfalls die HDR-Technologi­e beherrscht. Ähnlich wie bei Telefunken findet man unter der Marke Grundig aber inzwischen auch „weiße Ware“, also Waschmasch­inen, Kühlschrän­ke, Staubsauge­r sowie große und kleine Geräte für die Küche.

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DPA-ARCHIVBILD: HOLGER HOLLEMANN

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