Erster Eklat nach elf Minuten
Warum AfD-Chefin Petry nicht zur AfD-Fraktion gehören will
Bei der Pressekonferenz überrascht sie die anderen Parteigranden. Doch ihr Schachzug war von langer Hand vorbereitet.
BERLIN 3 Gerade einmal elf Minuten dauert die Pressekonferenz der AfD, als es zum großen Eklat kommt. Frauke Petry packt ihre Sachen, wirft sich ihre Handtasche über die Schulter und verabschiedet sich. Nach langen Überlegungen habe sie sich entschieden, dass sie „der AfD-Fraktion im Bundestag nicht angehören werde“, kündigt die AfD-Chefin, die in Sachsen eins von drei AfD-Direktmandaten geholt hat, an. Als Grund nennt Petry „abseitige Positionen“einiger Parteifreunde. Eine anarchische Partei, wie sie Spitzenkandidat Alexander Gauland wolle, lege die AfD auf die Oppositionsrolle fest. Sie wolle hingegen „Realpolitik“mit dem Ziel einer Regierungsübernahme 2021 machen. Es ist der Moment der Abrechnung und des Bruchs am Tag nach dem großen
Triumph. Und tschüss: AfD-Chefin Frauke Petry verlässt die AfD-Fraktion. Absurdes Theater am Vormittag in der Bundespressekonferenz, denn Petry hat die anderen Parteigranden nicht vorab informiert. Das übrige Spitzenpersonal braucht einen Augenblick, um sich auf die neue Lage einzustellen, geht am Nachmittag zum Gegenangriff über. „Nach dem jüngsten Eklat von Frauke Petry, der an Verantwortungslosigkeit kaum zu überbieten war, fordere ich sie hiermit auf, ihren Sprecherposten niederzulegen und die Partei zu verlassen, um nicht weiteren Schaden zu verursachen“, meldet sich Spitzenkandidatin Alice Weidel zu Wort. „Natürlich bedauere ich, wenn Talente eine derartige Entscheidung treffen“, sagt Weidel. „Ich habe Frau Petry sehr geschätzt.“Echtes Bedauern hört sich anders an. Auch Gauland erweckt nicht den Eindruck, seine Widersacherin zurückholen zu wollen: „Frau Petry ist allein gegangen. Ich sehe nicht, dass Abgeordnete ihr folgen werden.“
Mit Kalkül hatte die AfDChefin alles inszeniert. Eben posiert Petry noch gemeinsam mit den beiden Spitzenkandidaten Gauland und Weidel und dem zweiten Parteivorsitzenden Jörg Meuthen vor den Kameras, lobt den 12,6-Prozent-Erfolg der AfD. Im Wahlkampf hatte sie nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie mit Themen und Tonlage der Kampagne nicht einverstanden ist. Jetzt der nächste Schritt. Noch bevor sich die neue Fraktion an diesem Dienstag erstmals trifft, wird über Spaltung spekuliert.
Was steckt hinter Petrys Entscheidung? Spätestens seit dem AfD-Parteitag Ende April in Köln, als ihr „Zukunftsantrag“durchfiel und sie de facto kaltgestellt worden war, gab es Spekulationen über ihre künftige Rolle. Kurz nach dem Eklat meldet sich Petry schon wieder zu Wort und räumt ein, dass das Ganze von langer Hand vorbereitet war. „Wer mich kennt, weiß, dass ich so etwas nicht spontan mache“, sagt sie. Offenbar ist sie bereits auf der Suche nach Verbündeten. Die Aussicht auf ein Schattendasein als fraktionslose Abgeordnete im Bundestag dürfte ihr kaum genügen. Um eine eigene Fraktion bilden zu können, müssten sie mindestens 5 Abgeordnete anderswo abwerben. Auf diese Frage werde es „sicherlich in den kommenden Tagen und Wochen“Antwort geben, orakelt sie.
Schon werden Verbindungen zur AfD-Fraktion in Mecklenburg-Vorpommern gezogen, die sich am Montag spaltete. Vier der 1 Abgeordneten gründeten eine neue Fraktion mit dem Namen „Bürger für Mecklenburg-Vorpommern“(BMV ). Die vier wollen aber in der AfD bleiben.