Es wird eng unter der Kuppel
Welche Auswirkungen das große Stühlerücken hat
Bei Jamaika müssen alle Kompromisse machen. Seine FDP werde man aber weiterhin erkennen können, verspricht Parteivize Wolfgang Kubicki.
FRAGE: Herr 4ubicki, im Wahlkampf haben sich FDP und Grüne bekämpft. Ist eine Jamaika!Koalition im Bund überhaupt möglich? KUBICKI: Wenn wir mit einem Wahlergebnis wie diesem nicht umgehen können, haben wir ein demokratisches Problem. Die Jamaika-Koalition in Kiel funktioniert. Wir haben uns zusammengerauft und verfügen inzwischen über eine belastbare Vertrauensbasis. Das gibt es im Bund bisher noch nicht. Die programmatischen Unterschiede sind groß. Damit müssen wir jetzt umgehen. Am Ende werden sich weder die Union noch FDP oder Grüne zu 100 Prozent durchsetzen können. Verantwortliche Demokraten dürfen nicht den Kopf in den Sand stecken. Alle werden Kompromisse machen müssen. FRAGE: Was sind die ent! scheidenden Bedingungen derFDP? KUBICKI: Ohne ein Einwanderungsoder Zuwanderungsgesetz wird es mit uns keine Koalition geben. Wir brauchen eine Beschleunigung der Digitalisierung und des Breitband-Ausbaus. Auch das sind für uns wichtige Anliegen. Wir werden in aller Ruhe und Gelassenheit die Gespräche führen und nicht um jeden Preis regieren. Unsere Wähler können sich darauf verlassen, dass sie uns in jedem Fall wiedererkennen werden – egal, welche Rolle wir übernehmen. FRAGE: Ist die FDP schon wieder bereit fürs Regieren? KUBICKI: Wir haben jetzt in drei Bundesländern gezeigt, dass wir erfolgreich Koalitionen zustande bringen können. Unsere oberste Priorität ist nicht, in einer Regierung zu sitzen, sondern die Politik zu verändern. Deutschland braucht mehr wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und innere Liberalität.
Nicht nur die Sitzordnung bereitet Probleme: Bevor die Handwerker anrücken, müssen die künftig sechs Fraktionen heikle Fragen auch noch untereinander kl;ren.
BERLIN – Exakt 709 Abgeordnete werden dem neuen Bundestag angehören. Das ist der größte Bundestag in der Geschichte der Bundesrepublik. Der bisherige Rekord lag bei 672 Mandaten im Jahr 1994. Es gilt auch als größtes Parlament westlicher Demokratien. Zuletzt waren 631 Abgeordnete im Bundestag vertreten. Für Kritiker ist fraglich, ob das Volk nun besser repräsentiert wird. Weit teurer werde es allemal, aber nicht unbedingt effizienter, heißt es.
Dies ist Folge des Wahlrechts von 2013 – durch Überhangund Ausgleichsmandate. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate erringt als ihr nach ihrem Zweitstimmen-Anteil eigentlich zustehen. Dies trifft diesmal vor allem bei der CSU zu. Diese ungleiche Chancenverteilung wird durch Ausgleichsmandate kompensiert. Das Problem war bekannt, eine Wahlrechtsreform aber scheiterte.
Reicht überhaupt der Platz im Plenarsaal
Ja. Da ist durchaus noch Luft. Schließlich fanden dort auch schon 1260 Wahlleute Platz – zuletzt, als die Bundesversammlung im Februar 2017 den Bundespräsidenten wählte.
Geht es gleich mit den Umbauarbeiten los
Nein. Auf das Startsignal für den Umbau des Plenarsaals, der Büros und der Fraktionsebene müssen die Handwerker noch warten. Davor sind einige politische Entscheidungen zu fällen. „Die Diskussionen darüber, wer wo sitzt, werden in den Fraktionen geführt“, heißt es in der Bundestagsverwaltung. Kurz vor der konstituierenden Sitzung des Bundestags werde der Umbau beginnen. Die ist laut Grundgesetz spätestens am 30. Tag nach der Wahl, also spätestens am 24. Oktober.
Was passiert in der Übergangszeit
Eine wichtige Rolle spielt der Ältestenrat, der aus dem bisherigen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (CDU), seinen Stellvertretern sowie 23 weiteren Abgeordneten besteht. Das Gremium ist dafür zuständig, zwischen den Fraktionen zu vermitteln und die Verteilung etwa der Räume zu regeln. Doch der eigentliche Ältestenrat muss auch erst noch gebildet werden – ebenfalls spätestens 30 Tage nach der Wahl. Solange vermittelt zwischen den Fraktionen ein sogenannter Vor-Ältestenrat.
Und wie könnte die Sitzordnung aussehen
Würde die Fraktion der rechtspopulistischen AfD vom Rednerpult aus gesehen am rechten Rand des Plenarsaals platziert – neben Union und FDP –, würde sie direkt neben der Regierungsbank sitzen. Am linken Rand wiederum würde sie der Linksfraktion deren symbolträchtigen Platz streitig machen. Und der Platz in der Mitte wiederum dürfte unter anderem der SPD nicht passen. Denn die Mitte der Gesellschaft repräsentiert die AfD – aus Sicht der anderen Parteien – eher nicht.
Wo werden die Fraktionen untergebracht
Auch dies müssen die Fraktionen unter sich klären. Bisher reichte dafür die Fraktionsebene im denkmalgeschützten Reichstagsgebäude. In jeder der vier Ecken unter den vier Türmen kam eine Fraktion unter. Jetzt muss auch Platz für AfD und FDP gefunden werden – notfalls sogar für zwei konkurrierende AfDGruppierungen. Es kam schon einmal vorher, dass sich Linke und Grüne einen Fraktionssaal teilen mussten. Aber diesmal ist die Sache wohl komplizierter.