Nordwest-Zeitung

Herz des toten Trainers schlägt in 67-Jähriger weiter

Brasiliane­rin schafft Straßenlau­f in &io – Stefan Henze war dort vor einem Jahr verunglück­t

- VON CHRISTINA SCHRÖDER

RIO DE JANEIRO – EiJMeM strömten über das Gesicht von Ivonette Balthazar. Die 67-Jährige hatte gerade bei einem Straßenlau­f an der Copacabana die Ziellinie überquert, da wurde sie von ihren Gefühlen übermannt. „In mir schlägt das Herz eines jungen Athleten“, sagte die Brasiliane­rin überglückl­ich. Es ist das Herz des bei den Sommerspie­len in Rio tödlich verunglück­ten deutschen Kanuslalom-Trainers Stefan Henze. Seit 13 Monaten schlägt es in ihrer Brust.

Gut ein Jahr nach ihrer Ivonette Balthazar lebt mit dem Herz des verstorben­en Kanutraine­rs Stefan Henze.

Herz-Transplant­ation nahm Balthazar an einem Drei-Kilometer-Lauf an der berühmten Strandprom­enade teil: Kurz vor dem Startschus­s hatte sie sich entschloss­en zu gehen statt zu laufen. Sie wollte lieber nicht so viel riskieren. Denn für die Seniorin, die vor der Organspend­e kaum noch sprechen und gehen konnte, war es der erste Test ohne medizinisc­he Überwachun­g.

Um ihren Hals baumelte ein Pappschild in Herzform mit der Aufschrift „Ich habe ein transplant­iertes Herz“. Seit sie das Organ von Henze, dem Olympiazwe­iten von Athen 2004 bekam, seien der ehemalige Weltklasse­kanute und sie ein Team der besonderen Art.

Organspend­en werden in Brasilien nicht so häufig durchgefüh­rt. Obwohl sie auf Platz eins der Warteliste vorgerückt war, gab es kaum Hoffnung auf eine Rettung. Dann kam der 15. August 2016. Den Tag des für sie erlösenden Anrufes des Nationalen Institutes für Kardiologi­e feiert die Brasiliane­rin als ihren zweiten Geburtstag. Es war der Tag, an dem Stefan Henze starb.

Henze hatte das deutsche Kanuslalom-Team als Trainer zu den Spielen nach Rio begleitet. Bei einem Autounfall hatte der 35-Jährige ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten und war drei Tage später gestorben.

Dieser Gedanke treibt Balthazar immer wieder Tränen in die Augen. Jeden Tag, an dem sie sich mit ihrem Mann, ihren Kindern und Enkeln über ihr geschenkte­s Leben freut, „weint eine andere Familie“. Balthazar würde zu gerne die Mutter ihres Lebensrett­ers kennenlern­en, um sie „zu umarmen und ihr zu danken“.

Nach seinem Tod hatte Henzes Familie der Organspend­e des erfolgreic­hen Slalom-Kanuten zugestimmt und neben dem Herz auch die Leber und beide Nieren freigegebe­n.

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