In die Zukunft mit Oldtimern
Motoren und Technik von heute in den Autos von gestern
Einige Spezialisten schicken Oldtimer auf Zeitreise. Mit dem Original hat das Ergebnis nicht mehr viel gemein.
REICHERTSHOFEN/LOS ANGELES/ DPA – Diese Situation bereitet Georg Memminger immer wieder Vergnügen: Näher und immer näher lässt er die Mittelklasse-Limousine an sein Käfer Cabrio herankommen. Doch sobald der Hintermann zum Überholen ansetzt, tritt er aufs Gas und freut sich über das Gesicht des Abgehängten. Denn im Heck seines Oldtimers steckt kein Boxermotor mit 50 PS, sondern ein von Memminger weiterentwickelter 2,7-Liter mit 175 PS.
Einige Spezialisten restaurieren Oldtimer mittlerweile nicht nur, sondern schicken sie auf Zeitreise. Die Originalität bleibt auf der Strecke. „Doch dafür fährt der Käfer jetzt besser als in jener Zeit, als er vom Band gelaufen ist“, sagt der Ingenieur aus Reichertshofen bei Ingolstadt. Beim Restaurieren hat er sogar Xenonscheinwerfer und ABS nachgerüstet. Für viele Marken gibt es OldtimerFachbetriebe, in denen die Grenzen zwischen Restaurierung, Weiterentwicklung und Neukonstruktion verschwimmen. Und obwohl die 95 000 bis 175 000 Euro für Memmingers Käfer ein stolzer Preis sind, andere kosten noch mehr.
Mechatronik in Pleidelsheim bei Stuttgart etwa hat sich alten Mercedes-Modellen verschrieben, die mit neuer Technik flottgemacht werden. Für den SL der Baureihe W 113 sowie die Cabrios und Coupés der Baureihe W 111 bieten die Schwaben neue V6oder V8-Motoren, ein zeitgemäßes Fahrwerk und moderne Extras wie elektrische Fensterheber an. Ein Luxuscabrio kann dann schnell mal 300 000 Euro kosten.
Zu den berühmtesten Vertretern zählen die PorscheVeredler Magnus Walker und Rob Dickinson aus Los Angeles. Der eine hat sich der ersten Generation der Elfer von
1964 bis 1973 verschieben, der andere vertreibt unter dem Markennamen Singer eine eigene Interpretation der Elfer-Baureihe 964 (1988 bis 1994).
Die Karosserie im Stil des Ur-Modells wird nach eigenem Design aus Karbon gebacken, der Rahmen ist gründlich verstärkt. Es gibt eine Elektronik aus der Jetztzeit. Und der Boxer hat sechs Zylinder, 3,8 Liter Hubraum, Bauteile aus Porsche-Rennmotoren und die Ventile aus dem 993 RS – das reicht für Drehzahlorgien bis weit mehr als 10 000 Touren und für 350 PS. Auch Walkers Autos haben mit dem Original oft nicht
mehr viel gemein. Und wenn sie ein Auto verkaufen, stehen schnell mal 400 000 Dollar auf dem Preisschild.
Die Klassiksparte des ADAC sieht in solchen Autos im Grunde keine historischen Fahrzeuge mehr – selbst wenn die Hersteller wegen der alten Fahrgestellnummern und des zeitgemäßen Tunings bisweilen noch ein H-Kennzeichen erhalten können. Eckhart Bartels vom Bundesverband der Clubs klassischer Fahrzeuge kann den Wunsch nach Bequemlichkeit und Zuverlässigkeit zwar nachvollziehen. Doch für seinen Verein ist der „kulturhistorische Anspruch bedeutsamer“.