Verloren
Hataloniens Referendum sei ein Schlag gegen die Demokratie, hat Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy im Vorfeld gesagt. Doch der eigentliche Schlag gegen die Demokratie ist Rajoys Vorgehen gegen das Referendum in Katalonien.
Dass die Madrider Zentralregierung wenig begeistert ist vom Unabhängigkeitsbestreben der reichen Region im Nordosten, ist mehr als verständlich. Doch für die brachiale und brutale Art und Weise, mit der Rajoy gegen das Referendum vorgehen lässt, kann es keinerlei Verständnis geben. Polizisten in Schutzmontur, die mit Schlagstöcken und Gummigeschossen auf friedliche Wähler losgehen? Nein, dafür kann es keine vernünftige Erklärung geben.
Rajoy hat es in den vergangenen Tagen und Wochen versäumt, den Katalanen vernünftige Argumente zu liefern, warum sie weiterhin zu Spanien gehören sollten. Und es hätte viele vernünftige Argumente gegeben – zum Beispiel dass das reiche Katalonien mit der Unabhängigkeit seinen Reichtum aufs Spiel setzt. Stattdessen hat Rajoy den Katalanen – auch den vielen bisherigen Gegnern einer Unabhängigkeit – am Sonntag einen gewichtigen Grund geliefert, warum sie nicht länger zu Spanien gehören sollten. Denn die Bürger, die jetzt in Barcelona blutüberströmt am Boden liegen, werden in Zukunft sicherlich nur äußerst ungern mit ihrem Steuergeld die Politik der Madrider Zentralregierung weiterfinanzieren.
Dieses Referendum ist ohne Frage eine Farce. Kataloniens Ministerpräsident Carles Puigdemont brachte es – verbunden mit unerfüllbaren populistischen Verheißungen für den Fall einer Unabhängigkeit – überfallartig ins Regionalparlament ein und peitschte es durch. Es widerspricht der spanischen Verfassung. Es widerspricht jeglichen wahlrechtlichen Grundsätzen. Rajoy hätte also einfach nur gebetsmühlenartig wiederholen müssen, dass das Referendum illegal ist, vielleicht noch erklären müssen, dass die Argumente der Austrittsbefürworter nicht haltbar sind, und vielleicht sogar anbieten können, den Katalanen irgendwo mehr entgegenzukommen. Doch stattdessen holte er die große Keule raus. Und Spaniens Demokratie verlor.
@ Die Autorin erreichen Sie unter Dosch@infoautor.de