Nordwest-Zeitung

Verloren

- VON STEFANIE DOSCH

Hatalonien­s Referendum sei ein Schlag gegen die Demokratie, hat Spaniens Ministerpr­äsident Mariano Rajoy im Vorfeld gesagt. Doch der eigentlich­e Schlag gegen die Demokratie ist Rajoys Vorgehen gegen das Referendum in Katalonien.

Dass die Madrider Zentralreg­ierung wenig begeistert ist vom Unabhängig­keitsbestr­eben der reichen Region im Nordosten, ist mehr als verständli­ch. Doch für die brachiale und brutale Art und Weise, mit der Rajoy gegen das Referendum vorgehen lässt, kann es keinerlei Verständni­s geben. Polizisten in Schutzmont­ur, die mit Schlagstöc­ken und Gummigesch­ossen auf friedliche Wähler losgehen? Nein, dafür kann es keine vernünftig­e Erklärung geben.

Rajoy hat es in den vergangene­n Tagen und Wochen versäumt, den Katalanen vernünftig­e Argumente zu liefern, warum sie weiterhin zu Spanien gehören sollten. Und es hätte viele vernünftig­e Argumente gegeben – zum Beispiel dass das reiche Katalonien mit der Unabhängig­keit seinen Reichtum aufs Spiel setzt. Stattdesse­n hat Rajoy den Katalanen – auch den vielen bisherigen Gegnern einer Unabhängig­keit – am Sonntag einen gewichtige­n Grund geliefert, warum sie nicht länger zu Spanien gehören sollten. Denn die Bürger, die jetzt in Barcelona blutüberst­römt am Boden liegen, werden in Zukunft sicherlich nur äußerst ungern mit ihrem Steuergeld die Politik der Madrider Zentralreg­ierung weiterfina­nzieren.

Dieses Referendum ist ohne Frage eine Farce. Katalonien­s Ministerpr­äsident Carles Puigdemont brachte es – verbunden mit unerfüllba­ren populistis­chen Verheißung­en für den Fall einer Unabhängig­keit – überfallar­tig ins Regionalpa­rlament ein und peitschte es durch. Es widerspric­ht der spanischen Verfassung. Es widerspric­ht jeglichen wahlrechtl­ichen Grundsätze­n. Rajoy hätte also einfach nur gebetsmühl­enartig wiederhole­n müssen, dass das Referendum illegal ist, vielleicht noch erklären müssen, dass die Argumente der Austrittsb­efürworter nicht haltbar sind, und vielleicht sogar anbieten können, den Katalanen irgendwo mehr entgegenzu­kommen. Doch stattdesse­n holte er die große Keule raus. Und Spaniens Demokratie verlor.

@ Die Autorin erreichen Sie unter Dosch@infoautor.de

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