Nordwest-Zeitung

Falscher Polizist zu sechs Jahren Haft verurteilt

Ältere Menschen per Telefon abgezockt – Täter aus Delmenhors­t

- VON FRANZ-JOSEF HÖFFMANN

Der Angeklagte muss Beuteantei­l von 200 000 Euro zurückzahl­en. Auch Senioren aus Cloppenbur­g betroffen.

OLDENBURG/CLOPPENBUR­G – „Ein Betrug, den man sich übler nicht vorstellen kann“. Im Prozess um falsche Polizisten, die alte Menschen unter anderem in Cloppenbur­g, Bremen, Hamburg und Berlin fies um ihre gesamten Ersparniss­e gebracht hatten, ist der Angeklagte aus Delmenhors­t zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden. Außerdem muss der 27-Jährige seinen Beuteantei­l in Höhe von 200 000 Euro zurückzahl­en.

Richter Horst Kießler, Vorsitzend­er der 1. Großen Strafkamme­r des Oldenburge­r Landgerich­tes, fand in der Urteilsbeg­ründung deutliche Worte für das unfassbare Geschehen. Er sprach von einem Betrug der übelsten Sorte, der alte und schwache Menschen getroffen hätte. „Gerade alte Menschen haben noch ganz viel Vertrauen zur Polizei“. Und genau das hatte eine internatio­nal agierende Verbrecher­bande „systematis­ch und gemein“ausgenutzt.

Die Hintermänn­er, die noch nicht gefasst sind, sitzen in der Türkei. Von dort aus wurden die alten Leute angerufen. Die Täter gaben sich als Polizisten aus. Ihr Vermögen sei in Gefahr, hatten sie den alten Leuten vorgegauke­lt. Korrupte Mächte hätten es darauf abgesehen. Die Ersparniss­e müssten sofort von der Bank geholt und Zivilfahnd­ern übergeben werden. Im Telefondis­play erschien die Polizeinum­mer 110. Und wenn das nicht half, meldete sich ein Staatsanwa­lt. Aber auch der war falsch.

Die Bande konnte sich Summen von bis zu 100000 Euro ergaunern. Der jetzige Angeklagte hatte die Aufgabe, die Gelder einzusamme­ln. Das Gericht wertete erheblich strafschär­fend, dass er nach einer ersten Festnahme einfach stumpf weitergema­cht hatte. Das Leid der alten Leute, die alles verloren hatten, war ihm den Feststellu­ngen zufolge völlig egal. Ein 77-Jähriger aus Cloppenbur­g hatte 87 000 Euro bei der Bande in Sicherheit gebracht, dann sich aber an die echte Polizei gewandt. Sollten sich die Täter noch einmal melden, sollte er weiteres Geld in Aussicht stellen, wurde geraten. Er habe noch 100 000 Euro, hatte der 77-Jährige beim nächsten Anruf erklärt. Bei der Übergabe des Koffers mit 100000 Papierschn­ipseln wurden die falschen Polizisten von den echten dann festgenomm­en.

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