An der Schwelle der Moderne
Zum 150. Todestag von Julius Mosen – Dramaturg in Oldenburg
Eines seiner Gedichte wurde zur Hymne des Landes Tirol. In Oldenburg ist ihm ein Denkmal gewidmet.
OLDENBURG – Ein Aussichtsturm im Vogtland trägt seinen Namen, ein belebter Platz in Oldenburg ebenfalls, und in Tirol ist der Name des Dichters mit einem Lied verbunden, das seit 1948 die offizielle Hymne des Landes Tirol ist: Vor 150 Jahren, am 10. Oktober 1867, starb der Schriftsteller und Dramaturg Julius Mosen in Oldenburg.
Mosen stammte aus dem Vogtland, wo er am 8. Juli 1803 in Marieney als Julius Moses einer erst in Prag, dann im Vogtland ansässigen jüdischen Familie geboren wurde. Er ließ seinen Namen 1844 auf Mosen ändern. Nach dem Besuch der Lateinschule in Plauen studierte Mosen in Jena Jurisprudenz, wo er einen Freitisch (kostenlose Verpflegung) hatte. Er unternahm 1825/26 eine Italienreise und schloss sein Studium 1828 ab.
Gedichte und Romane
Erste Gedichte verfasste er 1822, befasste sich mit dem Theater, veröffentlichte bei Philipp Reclam einen politischen Roman („Der Kongress von Verona“). 1844 wurde er als Dramaturg ans großherzogliche Hoftheater Oldenburg berufen, wo schon 1842/43 sein Drama „Der Sohn des Fürsten“aufgeführt worden war – eine Dramatisierung der Flucht des Preußen-Prinzen Friedrich (später Friedrich II.) und seines Jugendfreundes Katte vor dem strengen Vater Friedrich-Wilhelm.
„Es ist kaum bekannt, dass er eine Dramaturgie entwickelte, die ihn an die Schwelle der Moderne führte“, schreibt der Literaturwissenschaftler Rüdiger Bernhardt, der in einer gerade erschienenen Publikation („Julius Mosen 1803 –1867“; Concepcion Seidel Verlag, Muldenhammer) eine wissenschaftliche Einordnung Mosens vornimmt. Mosen war nicht nur Schriftsteller und Lyriker, er war fasziniert von Volkskunst, widmete sich Märchen, Liedern und Sagen, er verfasste Studien zur Kunstgeschichte und Kunst der Malerei, die für Mosen „zugleich die Geschichte des Seelenlebens der Menschheit ist“.
Zu Mosens Auffassung zur Dramaturgie schreibt Bernhardt: „Es entstand die Auffassung, die zum Zentrum von Mosens moderner Dramaturgie wurde, dass ein historisches Drama seinen literarischen Zweck erfüllt, wenn es auf die aktuelle Geschichte Bezug nimmt, im Grunde ein Zeitstück ist.“
Populäre Hymnen
Neben dem AndreasHofer-Gedicht (1832/33; vertont 1846 von Xaver Knebelsberger) wurde eine Art Vogtland-Hymne populär (Gedicht „Aus der Ferne“: „Wo auf hohen Tannenspitzen…“) und die vom polnischen Aufstand gegen die zaristische Herrschaft inspirierte Dichtung „Die letzten Zehn vom vierten Regiment“(1830/31). Ein erstes Drama veröffentlichte Mosen 1836 („Heinrich der Finkler“).
Das Hofer-Gedicht war äußerst wirkmächtig, wie Bernhardt ausführt. In einem Entwurf „Effi Briest“taucht es beispielsweise auf, als der Dichter Theodor Fontane anlässlich eines Innsbruck-Besuchs auf der Hochzeitsreise Effi Briest vor ihrem Mann, dem Baron Innstetten, „In Mantua zu Banden“zitieren lässt.
Heute ist das AndreasHofer-Lied die offizielle Hymne des Landes Tirol, und damit auch die Hymne von Südtirol, wie die Südtiroler stets betonen. Es wird auch südlich des Brenner-Passes bei allen offiziellen Anlässen gespielt.
Mosens kurzes Wirken als Dramaturg in Oldenburg dauerte krankheitsbedingt nur vier Jahre. Wegen einer schweren Erkrankung musste er seine Tätigkeit aufgeben. Ein langes Krankenlager folgte. Doch gelang es Mosen, das Hoftheater zu einem Reformtheater zu entwickeln.