Gespenster
Der Ausgang der Autonomie-Referenden in Norditalien bringt zwei politisch Beteiligte in Bedrängnis: Die Regierung in Rom und die EU-Kommission in Brüssel. Die beiden Abstimmungen dokumentieren die soziale und wirtschaftliche Spaltung des Landes, das seinen wirtschaftlichen Schwerpunkt im Norden hat. Das befördert natürlich die Begehrlichkeiten, wonach ein größerer Teil der Steuereinnahmen dort verbleibt, wo sie anfallen – im Norden. Ähnlich verlief in Deutschland die Debatte um den Länderfinanzausgleich, wobei aus Bayern die Forderung nach Abschaffung erst kam, als Bayern zu den Geberländern zählte (und nicht wie anfangs Nehmerland war).
Für Brüssel sind die Autonomiebestrebungen weiteres Gift im Prozess um eine Vertiefung der europäischen Beziehungen. Nationalstaatsgedanken hemmen die Erweiterung der EU und reduzieren Europa auf eine Wirtschaftsgemeinschaft, was die Mehrheit in Brüssel und im EuropaParlament niemals zulassen würde. Die Gespenster der Autonomie wird Brüssel freilich nicht los. Überall gibt es Regionen, die sich lieber als eigenständiger Staat sähen. Sie eint eine Verbindung von gemeinsamer Kultur und Sprache – wie in Südtirol, Katalonien, in Schottland oder im flämisch sprechenden Belgien. Gärt es zu stark in diesem Topf, wird der Traum von den Vereinigten Staaten von Europa zerplatzen. Und übrig bleiben wird eine Wirtschaftsgemeinschaft, in der die europäischen Freiheitsrechte eine untergeordnete Rolle spielen.
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