Ein falscher Tag
Eine absurde Idee, die schnell begraben werden sollte! In der Menschheitsgeschichte sind Feiertage entstanden, weil man ein vergangenes Ereignis durch Verzicht auf Arbeit ehren wollte. Heute sucht man sich ein Ereignis, um weniger arbeiten zu müssen – und zudem noch ein widersinniges.
Den 31. Oktober zum Dauerfeiertag zu schlagen, hieße, den zweifelhaften Gründungsmythos der Evangelischen Kirche staatlich besonders zu würdigen. Muss man das Katholiken, Agnostikern oder Atheisten wirklich antun? Warum dieses neue Privileg für eine Kirche? Zudem kann man über die Meriten Luthers und der Reformation insgesamt durchaus geteilter Meinung sein. Ja – der Mann hat die Bibel ins Deutsche übersetzt, wenn auch keineswegs als erster. Und ja – Luther war ein Antisemit, der an Hexen glaubte und diese Frauen am liebsten getötet hätte. Humanisten der Renaissance in Rom oder Florenz haben überdies mit Sicherheit ein helleres Licht für den menschlichen Geist entzündet als die deutsche Reformation. Denn diese schuf auch brutalen protestantischen Fanatismus und Dogmatismus, finstere Despotien wie die des Reformators Calvin in Genf und zum unguten Schluss ein Ungetüm wie die „Deutschen Christen“.
Aber es gibt einen Tag, der es verdient, ein Feiertag zu sein: der 9. November. Er beleuchtet als gleichzeitiger Jahrestag des Mauerfalls, der antisemitischen Pogrome von 1938 und der Novemberevolution von 1918 das Janusgesicht der deutschen Geschichte. Dieser Tag erinnert daran, wohin Despotie und Fanatismus führen und was die Freiheit bedeutet – und es wäre ein säkularer Gedenktag. @ Den Autor erreichen Tie unter Will@infoautor.de