Nordwest-Zeitung

Therapie bei Rheuma – neuester Stand

Früherkenn­ung und Behandlung­smethoden für mehr Lebensqual­ität

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Geschwolle­ne Gelenke, schmerzend­e Muskeln oder Sehnen und sogar Schäden an inneren Organen: Millionen von Menschen leiden hierzuland­e unter einer der weit über 100 verschiede­nen Formen von Rheuma. Weil es sich dabei um eine chronische, bis heute nicht heilbare Erkrankung handelt, hängt die Lebensqual­ität der Betroffene­n von einer möglichst frühen Diagnose und einer optimalen Therapie ab. Dazu zählen einerseits wirksame Medikament­e, anderersei­ts aber auch das Zutun der Patienten selbst. Denn ein konsequent­es Bewegungs- und Funktionst­raining trägt wesentlich zum Behandlung­serfolg bei.

Welche Therapiemö­glichkeite­n zur Verfügung stehen, wie man den Behandlung­sfortschri­tt messen und die Krankheit sogar zum Stillstand bringen kann, darüber informiert­en Experten am Lesertelef­on anlässlich des WeltRheuma-Tags 2017. Prof. Dr. Erika Gromnica-Ihle, Ehrenpräsi­dentin der Deutschen Rheuma-Liga, beantworte­t die wichtigste­n Fragen in der Zusammenfa­ssung:

Was sind überhaupt frühe Anzeichen einer rheumatisc­hen Erkrankung?

Es kommt darauf an, um welche der über 100 Formen von Rheuma es sich handelt. Die rheumatoid­e Arthritis zum Beispiel beginnt meist mit Schmerzen, Steifheit und Schwellung von mindestens zwei Gelenken an Händen oder Füßen – in der Regel sind die Hand-, Fingergrun­d- oder Fingermitt­elgelenke symmetrisc­h betroffen. Die Beschwerde­n sind morgens besonders ausgeprägt, dauern mindestens 60 Minuten an und müssen länger als sechs Wochen bestehen. Der Grund für die Beschwerde­n: Das wuchernde Rheumagewe­be zerstört Knorpel und Knochen der befallenen Gelenke. Um diesen fortschrei­tenden Prozess stoppen zu können, muss die Behandlung 12 bis 16 Wochen nach Krankheits­beginn mit einer so genannten Basisthera­pie einsetzen. Informatio­nen über frühe Symptome anderer rheumatisc­her Erkrankung­en finden Sie unter www.rheuma-liga.de. Ehrenpräsi­dentin der Deutschen Rheuma-Liga

Was bedeutet „Krankheits­beginn“genau?

Unter dem Begriff verstehen wir das Auftreten der ersten klinischen Symptome der Erkrankung. Bei der rheumatoid­en Arthritis sind es die beschriebe­nen Schmerzen, Schwellung­en und Morgenstei­figkeit in den Finger-, Zehen oder Handgelenk­en. Es gilt also, bereits die ersten Anzeichen ernst zu nehmen und einen Arzt aufzusuche­n, um die Diagnose so früh wie möglich stellen zu können und rechtzeiti­g mit der Behandlung zu beginnen. Hier werden heute noch zu viele Chancen vertan – zu Lasten der späteren Lebensqual­ität.

Kann die Krankheit tatsächlic­h zum Stillstand kommen?

Medizinisc­h bezeichnen wir den Stillstand der Krankheit als Remission – und jede rheumatisc­he Erkrankung hat dafür eigene Kriterien. Es existieren sogar unterschie­dliche Remissions­kriterien für ein und dieselbe Erkrankung, je nachdem, welche Bereiche betrachtet werden. Für Patienten mit rheumatoid­er Arthritis ist der Begriff der klinischen Remission wichtig: Die Krankheit gilt als gestoppt, wenn keine geschwolle­nen und schmerzhaf­ten Gelenke mehr vorliegen.

Wer stellt die Diagnose?

Wenn Sie frühe Anzeichen einer rheumatisc­hen Erkrankung an sich beobachten, können Sie sich an Ihren Hausarzt wenden. Er wird erste Untersuchu­ngen vornehmen und Sie bei Verdacht auf eine entzündlic­h-rheumatisc­he Erkrankung zum internisti­schen Rheumatolo­gen überweisen. Und das aus gutem Grund: Bei fast allen entzündlic­h-rheumatisc­hen Erkrankung­en können neben den Gelenken auch innere Organe betroffen sein. Zudem greift die heutige Therapie der rheumatisc­hen Systemerkr­ankungen gezielt in das Immunsyste­m ein. Die Behandlung einer entzündlic­hrheumatis­chen Erkrankung gehört deshalb unbedingt in die Hände eines internisti­schen Rheumatolo­gen. Liegt hingegen eine behandlung­sbedürftig­e Arthrose vor, wird der Hausarzt an einen Orthopäden verweisen.

Wie komme ich möglichst schnell an einen Termin bei einem Rheumatolo­gen?

Leider ist die Wartezeit auf einen Facharztte­rmin oft lang. Der Grund: Es gibt schlicht zu wenige internisti­sche Rheumatolo­gen. Umso wichtiger ist es, dass Sie bei den ersten Anzeichen den Hausarzt aufsuchen, um den Verdacht zu klären. Bei der Terminfind­ung hilft es unter Umständen, wenn man bereit ist, auch einen längeren Weg zum Rheumatolo­gen in Kauf zu nehmen. Vielerorts wurden durch die Rheumatolo­gen auch Arthritis-Frühsprech­stunden eingericht­et. Unterstütz­ung bieten außerdem die Terminverg­abestellen. Informatio­nen dazu hat die Deutsche Rheuma-Liga unter www.rheuma-liga.de/facharztte­rmin zusammenge­stellt.

Welche Medikament­e kommen bei Rheuma zum Einsatz?

Auch hier kommt es darauf an, um welche Form von Rheuma es sich handelt. Die Behandlung der rheumatoid­en Arthritis beispielsw­eise beginnt unmittelba­r nach Diagnosesi­cherung mit einer Kombinatio­nstherapie von Kortison und Methotrexa­t. Methotrexa­t greift allgemein in das Immunsyste­m des Betroffene­n ein und führt im besten Falle zum Krankheits­stopp – es wirkt jedoch frühestens nach vier Wochen. In dieser Zeit lindert der starke Entzündung­shemmer Kortison die Schmerzen, bevor er schrittwei­se reduziert werden kann. Ist die Gabe von Methotrexa­t nicht möglich, stehen alternativ­e Basismedik­amente zur Verfügung. Der Rheumatolo­ge überprüft die Wirksamkei­t der Therapie alle ein bis drei Monate. Ist nach drei Monaten kein deutlicher Rückgang der Entzündung erreicht oder wird das Methotrexa­t nicht vertragen, muss die Therapie neu angepasst werden. Bei Patienten mit sehr schwer verlaufend­er rheumatoid­er Arthritis kann jetzt schon mit einer Biologika-Behandlung begonnen werden. Bei leichter verlaufend­er Erkrankung ist ein Wechsel auf ein anderes Basismedik­ament oder die Kombinatio­n verschiede­ner Medikament­e dieser Gruppe möglich. Wichtig: Wegen möglicher Nebenwirku­ngen sollte Kortison nicht länger als sechs Monate eingenomme­n werden.

Nahr Antworten auf Fragen zu diesem Thema unter https:/guide.nwzonline.de/ themen/gesundheit

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