BRASILIANERINNEN BRINGEN VIEL FLAIR NACH OLDENBURG
Brasilianerinnen genießen in Europa weitaus größere Anerkennung als im eigenen Land
Die Seleção legte in der WM-Vorrunde einen Stotterstart hin. Jetzt warten in Oldenburg drei Top-Gegner.
OLDENBURG – Unmittelbar vor dem Anpfiff eines WM-Spiels stecken die brasilianischen Handballerinnen in der großen EWE-Arena noch einmal die Köpfe zusammen, eng umschlungen bilden sie einen Kreis und rufen gemeinsam: „Força Brasil, Garra Brasil!“. Was frei übersetzt so viel heißt wie „mit Kraft und Hartnäckigkeit für Brasilien“. Und wer genau zuhört, spürt die Leidenschaft in den Worten der Mannschaft von Trainer Jorge Duenas. „Emotionen gehören für uns dazu. Nur so können wir viel erreichen. Und wir wollen viel erreichen“, sagt Spielführerin Barbara Arenhart, die ihren Worten mit einem entschlossenen Blick Nachdruck verleiht.
Die Weltklasse-Torhüterin führt die Riege der etablierten Kräfte im neuformierten Team Brasil an. Sechs Weltmeisterinnen von 2013 stehen noch im Kader, zehn neue Spielerinnen sind hinzugekommen. „Es ist sicher noch eine Trainingsgruppe, aber mit Athletinnen, die sehr daran interessiert sind, das Gleiche zu tun. Ich denke, dass wir in der Zukunft und mit viel Arbeit viele Dinge zusammen erobern können“, nennt die 31-Jährige auch gleich das Problem der Seleção. Denn Spaniens langjähriger Erfolgscoach Duenas hat das Team erst vor vier Monaten übernommen.
Die WM-Auswahl arbeitet in der aktuellen Besetzung erst seit vier Wochen zusammen. „Das muss man wissen, wenn man unsere Leistungen beurteilt“, sagt Arenhart mit Blick auf den brasilianischen Stotterstart gegen die WMAußenseiter Japan (28:28) und Tunesien (23:22). Babi, wie die Torhüterin im internationalen Handball nur gerufen wird, hat erst jüngst die Schlüsselrolle innerhalb des Teams von der langjährigen Kapitänin Dara übernommen. „Ich glaube, dass es im Moment sehr wichtig ist, dass wir so viele Spiele wie möglich machen, um die neue Philosophie umzusetzen“, hatte sie schon vor der WM betont.
Überall in Europa aktiv
Arenhart spielt wie die meisten ihrer Mitspielerinnen seit Jahren in Europa, aktuell in Ungarn bei Vaci Noi Kezilabda, ihrer siebten Station seit 2007 im europäischen Ausland. Überhaupt spielt das Gros des WM-Teams in
Ungarn, Norwegen, Spanien, Russland, Dänemark, Polen, Rumänien und Frankreich. Deutschen Handballfans ist vielleicht Patricia da Silva ein Begriff. Die Linkshänderin wurde im Oktober als Reaktion auf die schwere Verletzung von Anne Hubinger vom Thüringer HC verpflichtet. Die 25-jährige da Silva wechselte vom türkiMeisschen ter Kastamonu Belediyesi in die Bundesliga.
Warum nun spielen so viele Brasilianerinnen in Europa? Barbara Arenhart muss nicht lange überleFrauengen. „Der handball in Brasiseit lien hat unseGefühlen rem WM-Titelgewinn 2013 deutlich an Reputation gewonnen, aber wirklich respektiert
werden unsere Leistungen mehr im Ausland, speziell von den europäischen Clubs“, beschreibt sie das Problem. Brasilien sei ein riesiges Land, eine Sportnation, die nicht nur den Fußball mit großen verfolge. Der Frauenhandfriste ball aber eben noch ein Mauerblümchendasein. „Deswegen kämpfen wir hier bei der WM in Deutschland auch um den Frauenhandball in der Heimat“, erzählt Arenhart. Auf der anderen Seite haman be auch schon viel er„Als reicht. wir 1995, 1997 und 1999 erstmals an Weltmeisterschaften teilgenommen haben, verloren wir viele Spiele mit zehn
oder 20 Toren Unterschied. Heute haben wir den Anspruch, langfristig zur Weltspitze zu gehören“, sagt sie nicht ohne Stolz. Der neunmalige Panamerikameister hat in der Tat eine enorme sportliche Entwicklung genommen, wenn man bedenkt, dass der Brasilianische Handballverband CBHb erst im Jahr 1979 gegründet worden ist.
Bereit für große Aufgaben
Arenhart glaubt fest daran, „dass wir eine große Zukunft haben“. Ihre Mannschaft müsse noch viel lernen: „Aber wir müssen auch die positiven Dinge sehen.“Den unbedingten Siegeswillen beispielsweise. Der wird auch nötig sein für die weiteren Spiele gegen schwere Kaliber: Russland an diesem Dienstag, Dänemark am Mittwoch, Montenegro am Freitag. „Wir sind bereit“, sagt die Torfrau, die dann wieder mit Inbrunst das Motto der Seleção anstimmt: „Força Brasil, Garra Brasil!“.