KURIOSES IM SPIJÖÖK
Immer neuer Seemannsgarn im „Spijöök“am Vareler Hafen
Was dabei herauskommt, wenn zwei Brüder eine Schnapsidee haben, verbirgt sich hinter der Hausnummer 5 am ;ohlhof am Vareler Hafen. Dort ist ein maritimes Museum der besonderen Art beheimatet.
VAREL – Mit den Jahreszahlen nehmen es die Betreiber des Kuriositätenmuseums „Spijöök“am Vareler Hafen nicht ganz so genau. Und mit der Wahrheit schon gar nicht, wenngleich es ziemlich glaubhaft klingt, was die Aktiven vom Verein „Kunstdünger“den Besuchern erzählen.
Da geht es um die friesischen Teehöfe und den Abbau von Kandis unter Tage, um Admiral Brommy, der erst mit dem nach ihm benannten Brummkreisel und dann mit den „sechs Tanten“navigierte, oder um die „Ratte von außergewöhnlicher Größe“, kurz RVAG – das Lieblingsexponat von Museumsdirektor Gerald Chmielewski: „Sie hat Ankerketten durchgebissen, und ihr Biss war für den Menschen sofort ein Fall für den Schiffsarzt.“
Entstanden ist das Museum vor ziemlich genau 20 Jahren. „Wir saßen beim Griechen und philosophierten“. Wir – das sind Gerald Chmielewski und sein Bruder Iko. Die beiden suchten eigentlich nur einen Raum für die Requisiten des berühmten „Weihnachtstheaters“ihrer Gruppe „Menschenmüll“, trafen mit Enno Ulffers einen Gönner, der ihnen eine kleine Halle in der ehemaligen Ziegelei am Hafen verpachtete und fanden bei der ersten Besichtigung, dass der Raum eigentlich zu schade für eine Abstellmöglichkeit ist. Ein Museum wäre gut, ein maritimes
noch besser. Mit der Idee überzeugten sie ihre Vereinsfreunde – und das „Spijöök“konnte im Mai 1997 aus der Taufe gehoben werden.
Die ersten Requisiten fanden sich schnell: „Jeder sah eine gute Möglichkeit, seinen Dachboden zu entrümpeln“, erinnert sich der Museumsführer. Die Exponate brauchten nur noch ihre „eigenen“Geschichten, und die waren bei den fantasievollen Mitgliedern von „Menschenmüll“schnell gefunden. Dass ihnen die Ideen nicht ausgehen, dafür sorgen die jährlichen Schiffstouren mit dem eige- nen Boot „Raila“. „Da machen wir zehn Tage und manchmal auch länger Brainstorming.“Und das ist kein Seemannsgarn – wobei Chmielewski seine eigene Erklärung für diese Art der geistigen Kreativitätstechnik hat: „Da blödeln wir den ganzen Tag lang herum.“
Das lohnt sich – auf jeden Fall für die Besucher, die in jeder Saison zu Hunderten das Museum besuchen und aus dem Staunen und vor allem dem Lachen nicht herauskommen. So wundern sich die Gäste schon über den Hubschrauber, der einladend an der Kaje steht, ergattert beim Abzug des damaligen Vareler Panzergrenadierbataillons. Als Mitglieder der Standortverwaltung kurz vor ihrem Abschied das Kuriositätenmuseum besichtigten, fragte Gerald Chmielewski, was aus dem ausgeschlachteten Helikopter wird. „Nehmt Ihr den doch“, war die Antwort, und einen Tag später stand er als „Lufttaxi Varel – Lissabon“am Hafen.
Auf Postkarten geschafft hat es schon das U-Boot Marke Eigenbau, das gleich nebenan liegt. Passend dazu die Geschichte: „Die „Schutka“ist im Rahmen eines Kompensationsgeschäftes auf dem U-Boot-Flohmarkt in Wladiwostok gegen einen gebrauchten VW Golf II und
zwei Flaschen Wodka in unseren Besitz übergegangen.“
„Echt“ist dagegen das EinMann-Boot, das allerdings nur für den Küstenbereich konstruiert wurde: „Es kann abtauchen, aber nicht wieder auftauchen. Bei Ebbe wurde es über Schlitten an Land zurückgeholt.“
Die Außen-Exponate sind wie das Museum selbst offensichtlich gerne gesehen: „Die Interessengemeinschaft Vareler Hafen hat uns immer unterstützt“, ist Chmielewski dankbar und nennt hier besonders einen Namen: Harm Wilken.
Träger des Museums ist der Kulturförderverein „Kunstdünger“, ein eingetragener Verein, der aus der Aktions- gruppe „Menschenmüll“hervorging und durchaus auch einen ernstzunehmenden Charakter hat. Denn der Erlös aus dem Kuriositätenmuseum kommt jungen Künstlern zugute, die sich auch im Museum einen Namen machen können: Bei den inzwischen berühmten „Rezitationsabenden“, bei denen erst der Gastgeber ein Programm abspult und danach jeder, der will, etwas vortragen kann: Literatur oder selbst komponierte Musik, „das hat gerade in diesem Ambiente schon ein gewisses Niveau.“
Wer sich den Termin vormerken will: 26. Januar um 20 Uhr. Wer dabei sein will, sollte Zeit mitbringen, „das geht oft weit über Mitternacht hinaus.“
Saison im Museum ist von Mitte Mai bis Mitte September, aber auch im Winter bleibt der „Kunstdünger“nicht ruhig liegen. Dann machen die Kohlfahrer mit ihren Bollerwagen hier Station, bevor sie in der benachbarten Gastronomie speisen. Allerdings, so Chmielewski, hat es auch schon einmal einen Verein gegeben, der an der Bar im „Spijöök“hängengeblieben ist und das bestellte Essen im Restaurant vergessen hat.
Kein Wunder, schon der Blick auf die ausgestellten Dinge braucht Zeit. Die Zahl der Exponate ist allerdings nicht bekannt, „der Museumsdirektor hat den Überblick verloren.“Verständlich, denn inzwischen ist das Museum auch interaktiv geworden: „Die Leute bringen uns Gegenstände, die sie selbst gebastelt haben – wie den Plattenspieler mit Heu auf dem Teller, mit dem hört man das Gras wachsen.“
Wer sich für Gruppenführungen anmelden möchte, kann sich an Gerald Chmielewski unter 04451/4488 wenden.
Mehr Infos unter www.spijöök.de