Nordwest-Zeitung

Luft wird für Prokop nach Indiskreti­onen dünner

Bericht über Trainings(Eklat vor Spanien(Spiel – DHB dementiert Vorfall – Viel Kritik

- VON CHRISTOPH STUKENBROC­K

ZAGREB – Der Blick in die Gazetten dürfte Christian Prokop am Freitag ganz und gar nicht gefallen haben. „Trainings-Eklat vorm EM-Aus“, titelte die „Bild“-Zeitung und fragte in großen Lettern: „Ist der Riss zwischen Trainer und Team noch zu kitten?“Die Antwort auf diese Frage, das gilt nach dem EM-Debakel von Kroatien als sicher, wird über Prokops Zukunft als Bundestrai­ner entscheide­n.

Das Verhältnis zwischen Prokop und dem Team ist durch die erneute Indiskreti­on jedenfalls am Tiefpunkt angelangt. Nach einem offenen Disput mit der Mannschaft In der Kritik: Trainer Christian Prokop

soll Prokop wenige Stunden vor dem alles entscheide­nden Spanien-Spiel (27:31) wutentbran­nt die Halle verlassen haben. Der Deutsche Handballbu­nd reagierte am Freitag mit einer Pressemitt­eilung. Die Einheit am Mittwoch habe „in der üblichen Art und Weise“stattgefun­den: „Anderen Darstellun­gen widersprec­hen wir.“DHB-Vizepräsid­ent Bob Hanning wollte die Schlagzeil­en nicht kommentier­en.

In der Handball-Szene wachsen derweil die Zweifel, ob Prokop ein Jahr vor der Weltmeiste­rschaft im eigenen Land noch der richtige Mann ist. „Intern muss Tacheles geredet werden. Da besteht dringender Klärungsbe­darf. Wir brauchen runde Tische mit eckigen Entscheidu­ngen“, sagte Wetzlars Kai Wandschnei­der, amtierende­r Bundesliga-Trainer der Saison, der „Wetzlarer Zeitung“.

Der angebliche Vorfall im EM-Abschlusst­raining wäre nicht der erste dieser Art. Schon nach der vorübergeh­enden Ausbootung von Abwehrchef Finn Lemke unmittelba­r vor Turnierbeg­inn waren Risse zwischen Team und Trainer offen zu Tage getreten. Auch während des Turniers rasselten Spieler mit Prokop aneinander und stellten taktische Vorgaben infrage. „Das Risiko, einen internatio­nal unerfahren­en Trainer zu verpflicht­en, hat sich bei dieser EM nicht ausgezahlt“, sagte Ex-Welthandba­ller Daniel Stephan und kritisiert­e die Arbeitswei­se Prokops: „Es ist schwierig, ein System – wie zum Beispiel das Leipziger – auf die Spieler zu projiziere­n. Stattdesse­n muss man das System auf die Spieler ausrichten.“Die „Defizite im Zusammensp­iel“und „atmosphäri­schen Störungen“müsse man „dringendst aufarbeite­n“.

Das wird nun in erster Linie die Aufgabe von Hanning sein. Er war es, der Prokop vor einem Jahr gegen etliche Widerständ­e und für die Rekordablö­se von 500 000 Euro vom Bundesligi­sten SC DHfK Leipzig losgeeist hatte. Nun muss er in intensiven Gesprächen mit dem Trainertea­m, aber vor allem auch mit dem Spielerrat herausfind­en, ob sein einstiger Wunschkand­idat wirklich noch der richtige ist für den wichtigste­n Posten im deutschen Handball.

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DPA-BILD: SKOLIMOWSK­A

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