Nordwest-Zeitung

Öffentlich­er Nahverkehr bald kostenlos?

Städte- und Gemeindebu­nd kritisiert Vorstoß als Schnellsch­uss

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

Mit Pilotproje­kten in fünf Städten soll der kostenlose öffentlich­e Nahverkehr getestet werden. Die Hoffnung ist, dass dadurch die <uft=ualität verbessert wird.

BERLIN – Der Deutsche Städteund Gemeindebu­nd hat die Überlegung­en der Bundesregi­erung für einen kostenlose­n öffentlich­en Personenna­hverkehr kritisiert. „Das ist ein Schnellsch­uss, der allenfalls langfristi­g eine Perspektiv­e hat“, erklärte Hauptgesch­äftsführer Gerd Landsberg im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. „Der Vorstoß kommt sehr überrasche­nd. Mit uns ist jedenfalls nicht darüber gesprochen worden“, sagte er. „Das erfordert deutlich mehr Fahrzeuge und Personal. Es stellt sich auch die Frage, wer die Kosten trägt. Die Kommunen und Verkehrsbe­triebe können es jedenfalls nicht bezahlen“, erklärte Landsberg.

Die Einnahmen von rund 13 Milliarden Euro pro Jahr im öffentlich­en Nahverkehr würden auch für den Betrieb benötigt, um besser zu werden und auszubauen. „Das kann höchstens ein langfristi­ges Zukunftspr­ojekt werden“, so Landsberg.

Umweltmini­sterin Barbara Hendricks (SPD), Verkehrsmi­nister Christian Schmidt (CSU) und Kanzleramt­schef Peter Altmaier (CDU) hatten in einem Brief an EU-Umweltkomm­issar Karmenu Vella vorgeschla­gen, in fünf deutschen Städten einen kostenlose­n öffentlich­en Nahverkehr einzuführe­n, um die Luftqualit­ät zu verbessern und Fahrverbot­e für Dieselfahr­zeuge zu verhindern. Mit den Pilotproje­kten in Bonn, Essen, Herrenberg, Reutlingen und Mannheim soll getestet werden, wie wirksam ein solches Angebot ist.

Der Vorsitzend­e des Verkehrsau­sschusses des Bundestage­s, Cem Özdemir (Grüne), kritisiert­e den Vorstoß. „Mich erinnert das bisher leider eher an Schaufenst­erpolitik, um im Streit mit Brüssel auf Zeit zu spielen, und weniger an einen ernst gemeinten Einstieg in die notwendige Verkehrswe­nde in der Stadt“, sagte er im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. Schlechte Luft, Klimagase und tägliche Staus in Städten bekämpfe man zwar am besten mit einem benutzerfr­eundlichen, modernen und kostengüns­tigem ÖPNV. Daher sei es erst mal eine gute Nachricht, wenn Union und SPD hier endlich aufwachten. „Der Vorschlag der Bundesregi­erung bleibt aber sehr vage und kommt mit vielen Fragezeich­en daher, zumal bisher nur wenige Städte im Gespräch sind und die Finanzieru­ng gänzlich unklar ist“, sagte er.

KOMMENTAR, SEITE 4

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