Öffentlicher Nahverkehr bald kostenlos?
Städte- und Gemeindebund kritisiert Vorstoß als Schnellschuss
Mit Pilotprojekten in fünf Städten soll der kostenlose öffentliche Nahverkehr getestet werden. Die Hoffnung ist, dass dadurch die <uft=ualität verbessert wird.
BERLIN – Der Deutsche Städteund Gemeindebund hat die Überlegungen der Bundesregierung für einen kostenlosen öffentlichen Personennahverkehr kritisiert. „Das ist ein Schnellschuss, der allenfalls langfristig eine Perspektive hat“, erklärte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. „Der Vorstoß kommt sehr überraschend. Mit uns ist jedenfalls nicht darüber gesprochen worden“, sagte er. „Das erfordert deutlich mehr Fahrzeuge und Personal. Es stellt sich auch die Frage, wer die Kosten trägt. Die Kommunen und Verkehrsbetriebe können es jedenfalls nicht bezahlen“, erklärte Landsberg.
Die Einnahmen von rund 13 Milliarden Euro pro Jahr im öffentlichen Nahverkehr würden auch für den Betrieb benötigt, um besser zu werden und auszubauen. „Das kann höchstens ein langfristiges Zukunftsprojekt werden“, so Landsberg.
Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), Verkehrsminister Christian Schmidt (CSU) und Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) hatten in einem Brief an EU-Umweltkommissar Karmenu Vella vorgeschlagen, in fünf deutschen Städten einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr einzuführen, um die Luftqualität zu verbessern und Fahrverbote für Dieselfahrzeuge zu verhindern. Mit den Pilotprojekten in Bonn, Essen, Herrenberg, Reutlingen und Mannheim soll getestet werden, wie wirksam ein solches Angebot ist.
Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Bundestages, Cem Özdemir (Grüne), kritisierte den Vorstoß. „Mich erinnert das bisher leider eher an Schaufensterpolitik, um im Streit mit Brüssel auf Zeit zu spielen, und weniger an einen ernst gemeinten Einstieg in die notwendige Verkehrswende in der Stadt“, sagte er im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. Schlechte Luft, Klimagase und tägliche Staus in Städten bekämpfe man zwar am besten mit einem benutzerfreundlichen, modernen und kostengünstigem ÖPNV. Daher sei es erst mal eine gute Nachricht, wenn Union und SPD hier endlich aufwachten. „Der Vorschlag der Bundesregierung bleibt aber sehr vage und kommt mit vielen Fragezeichen daher, zumal bisher nur wenige Städte im Gespräch sind und die Finanzierung gänzlich unklar ist“, sagte er.
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