Angstgetrieben
Die SPD ließ sich nach dem letzten Sonderparteitag in Bonn zur Frage einer Große Koalition mit der Union feiern für ihre dort gezeigte Debattenkultur. Tatsächlich hat es schon seit Jahren keine so freien und offenen Redebeiträge gegeben. Jede und jeder konnte seine Meinung äußern. Ein wirkliches Ringen um den richtigen Kurs. Ganz in der Tradition des Godesberger Programms, das einst wenige Kilometer entfernt 1959 beschlossen wurde. Eine Weichenstellung für die SPD der Nachkriegszeit.
Jetzt, angesichts des dramatischen Vertrauensverlustes beim Bürger, steht diese SPD vor der vielleicht lebensentscheidenden Weichenstellung für die nächsten Jahre. Und was macht die Parteiführung? Abschotten und abriegeln, lautet die Order der Bundesspitze für die Regional- und Bezirkskonferenzen zur Entscheidung über eine Groko in Berlin. Geradezu von der Angst getrieben, dass die Basis Nein sagen könnte, schließt die Führung die Öffentlichkeit aus. Nur Groko-Befürworter dürfen aufs Podium. Warum? Wer auf den Konferenzen zuhörte, erlebte engagierte Debatten, aber keine Schlammschlacht, keine Vorwürfe unter der Gürtellinie. Stattdessen die intensive Suche nach einem Weg aus der Misere der Partei. Aber ebenso deutlich wurde auch das tiefe Misstrauen gegen die derzeitige SPDSpitze. Diese Führung besitzt kaum noch Kredit bei der Basis. Ob dieser Befund die Panik an der Spitze erklärt?
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