Immer noch kein Ruhestand
5x-Bundespräsident Horst Köhler feiert am Donnerstag 75. Geburtstag
BERLIN – Der Mann der großen Schlagzeilen war er selten – weder vor seiner Zeit als Bundespräsident noch in den Jahren danach. Am 22. Februar wird Horst Köhler 75.
Über Wochen tagelang auf Seite eins landete Köhler nur kurz vor seinem Rücktritt am 31. Mai 2010. Vorangegangen war ein Interview, das er auf dem Rückflug aus Afghanistan gegeben hatte, wo er Truppen der Bundeswehr besucht hatte. Darin formulierte er missverständlich, dass die Bevölkerung auf dem Wege sei zu verstehen, dass „ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege“.
Der Afghanistan-Einsatz als handelspolitische Notment
wendigkeit und damit vom Grundgesetz nicht gedeckt? Die Empörung war über Parteigrenzen hinweg groß.
Zufrieden war nur der damalige Linken-Fraktionschef Gregor Gysi, der schon immer davon ausgegangen war, dass Wirtschaftsinteressen das wahre Motiv seien. Es half wenig, dass Köhler später erklärte, die Äußerung beziehe sich auf ein Bundeswehr-Engage- gegen Piraterie. Der damals in der Bevölkerung überaus beliebte Präsident zeigte sich über das Ausmaß der Reaktionen verletzt – und ging. Die Kritik entbehre jeder Rechtfertigung und lasse „den notwendigen Respekt für mein Amt vermissen“. Auch ein Jahr später noch nannte er die Vorwürfe „ungeheuerlich“.
Doch Köhler ist weit mehr als ein verunglücktes Interview. Der studierte Volks- und Wirtschaftswissenschaftler, der nach einer Beamtenlaufbahn zunächst Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes und im Jahr 2000 Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington wird, hat entgegen jedem Klischee über Banker ein weites Herz: vor allem für Afrika, für nachhaltiges Wirtschaften und für soziale Projekte. Es ist eine Art persönliches Grundgesetz, das der neunte Bundespräsident auf seiner privaten Homepage formuliert: „Deutschland wird es auf Dauer nur dann gut gehen, wenn es der Welt gut geht – sowohl dem Planeten als auch den Menschen, die auf ihm leben.“
Köhlers Eltern stammen aus Bessarabien, einer Region deutscher Auswanderer am Schwarzen Meer, die heute zu Moldawien und Rumänien gehört. 1943, zu der Zeit lebt die Familie bereits im polnischen Skierbieszow, wird Köhler als siebtes von acht Kindern geboren. Vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs fliehen die Eltern in die Nähe Leipzigs und kurz vor dem Mauerbau 1953 in die Bundesrepublik.
Der Tübinger Student, der 1981 in die CDU eintritt, macht schnell Karriere: Referent am Tübinger Institut für Wirtschaftsforschung, ein Job im Bundeswirtschaftsministerium, dann in die Kieler Staatskanzlei und zurück zur Bundesregierung.