APD ringt weiter um Haltung zu Groko
Parteiführung testet in dieser Woche die Stimmung der Basis – Weil erwartet klares Ja
Der Mitgliederentscheid beginnt am 20. Februar. Die Basis hat noch Zeit zur Meinungsbildung.
HANNOVER – EinL Woche Werbetour und noch immer kein klares Bild: Niedersachsens SPD ringt weiter mit der Entscheidung zum ausgehandelten Vertrag über eine Große Koalition in Berlin. Die Einschätzung von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), dass es am Ende „ein Ja geben wird zum Koalitionsvertrag“, belegen die bisherigen großen Informationsveranstaltungen nicht. Auch die „breite Mehrheit“, von der die designierte SPD-Bundesvorsitzende Andrea Nahles beim Treffen am Samstag in Hannover spricht, scheint eher Wunsch als Realität.
In beiden parteiinternen Treffen – Weser Ems in Wardenburg am Dienstag und Regionalkonferenz in Hannover am Samstag – gab es nicht we- nige dezidierte Pro-GrokoStimmen, aber auch eine ebenso klare Ablehnung. In einer großen öffentlichen Diskussionsrunde zwischen dem SPD-Linken Matthias Miersch (Hannover) und dem JusoBundesvorsitzenden Kevin Kühnert (Berlin) am Donnerstagabend in Hannover überwog nach Einschätzung aller Beobachter die Nein-Stimmung.
Das Rennen in Niedersachsen scheint offen. Viele SPDMitglieder warten offenbar noch auf die politische Entwicklung in den nächsten Tagen. Das Mitgliedervotum lässt die nötige Zeit. Die Stimmen der Basis werden erst vom 20. Februar bis zum 2. März eingesammelt.
Aber unabhängig von einem Ja oder Nein gibt es einen gemeinsamen Trend bei allen Diskussionen: Die SPD-Basis ist geradezu wütend auf die Führung im Berliner Willy-Brandt-Haus. Immer wieder beklagen Mitglieder die fehlende Verlässlichkeit, Intrigen, Wortbruch und Vertrauensverlust. Nicht we-
nige würden die Spitze am liebsten in die Wüste jagen. Schulz, Nahles, Scholz und Co. wird angelastet, für den dramatischen Absturz in der Wählergunst verantwortlich zu sein. Wie sagte jemand in Wardenburg: „Bald haben wir mehr Mitglieder als Wähler.“Da tröstet wenig, dass Landesinnenminister
Boris Pistorius die SPD trotz dieser desolaten Führung für „unkaputtbar“erklärt.
Weils Auftritt auf der Regionalkonferenz belegt, dass der niedersächsische SPDLandesvorsitzende diese Stimmung bei der Basis genau spürt. Denn Weil wirbt nicht nur für ein Ja, im gleichen Atemzug lässt der selbst erfolgreiche Ministerpräsident auch keinen Zweifel daran, dass es mit der SPD „nicht so weitergehen kann wie bisher“. Nach dem Mitgliederentscheid „werden wir auch über die Führung und die Führungsfehler sprechen müssen“, fand Weil knallharte Worte in Anwesenheit von Nahles. Im Bundesvorstand holen sich die niedersächsischen Genossen bislang allerdings meistens eine Abfuhr. Im vertraulichen Gespräch zeigen sich niedersächsische SPD-Spitzenpolitiker geradezu entsetzt, was im WillyBrandt-Haus abläuft.
Bei dem nichtöffentlichen Treffen in Hannover konnten die rund 500 Mitglieder mit roten Punkten aus einem Fragenkatalog die ihnen am wichtigsten erscheinenden Komplexe bestimmen. Geradezu überhäuft wird das Feld mit der Frage: „Wie kann sich die SPD erneuern, wenn sie gleichzeitig regieren muss?“
Eine Antwort steht dort nicht.